The Suffering
Entwickler: Surreal Software
Publisher: Midway
Spielbar für: Horrorfilm-Fans (Pflicht!)
Unspielbar für: Angsthasen, Zocker mit Anspruch in Sachen Gameplay
Prison is hell – diese Worte treffen es ziemlich genau, zumindest kann man zu dieser Erkenntnis gelangen, wenn man einmal Midway`s neusten Horrorschocker gespielt hat.
Stellt euch vor, ihr seid ein Insasse eines schwach beleuchteten Gefängnisses, welches auf den ersten Blick durch zerstörte Wände und verrostete Abflussrohre nicht gerade einladend wirkt. Ein Ort eben, der förmlich nach Tod und zugleich Wahnsinn schreit, untermalt von mysteriösen Stimmen, die nicht wirklich die Stimmung der Gefangenen erhellen, ganz im Gegenteil. Und nun stellt euch vor, dass dieser Ort auch die Geburtsstätte von deformierten Monstern ist, welche nur darauf warten, uns mit ihren Klingen in Stücke zu fetzen.
The Suffering bietet dem (nervenstarken) Spieler ein solches Szenario. Wer wagt es, allein und in der abgedunkelten Bude, den Weg durch diesen Alptraum in Angriff zu nehmen? Richtig, der Tiwi.
Torque, der Mörder?
Der Spieler übernimmt in The Suffering die Rolle von Torque, einem neuen Gefängnisinsassen des Abbott State Penitentiary, der auf Carnate Island auf seine Hinrichtung wartet. Ihm wird vorgeworfen, dass er seinen Frau und seine beiden Kinder bestialisch ermordet haben soll, Torque selber kann sich an nichts mehr erinnern.
Kaum erreicht der Spieler seine Gefängniszelle, sucht ein heftiges Erdbeben Carnate Island heim und aus der Finsternis erscheinen wie aus dem Nichts furchteinflössende Kreaturen, welche sich sofort über die Gefangenen und Aufseher hermachen. Torque steht plötzlich allein in der Dunkelheit des Zellentraktes und ihn erwartet, auf dem Weg in die Freiheit, ein Survival-Abenteuer der ganz blutigen Art.
In dieser Hoffnungslosigkeit erinnert sich Torque schrittweise wieder an die Vergangenheit und erkennt, wie er zum Mörder seiner Familie wurde.
Survival-Horror deluxe?
Wie es für Survival-Horror-Spiele typisch ist, beinhaltet The Suffering eine Reihe von netten, teilweise aber veralteten Gameplay-Features, welche den Spieler so begeistern könnten, dass man immer tiefer in die brutale und vor allem mit Schockmomenten gespickte Welt der Gewalt eintauchen möchte. Dabei spielt sich The Suffering aus der Third Person-Perspektive wie eine Mischung aus Resident Evil, Silent Hill und Projekt Zero.
In Abhängigkeit davon, wie Torque in bestimmten Situationen handelt, ändert sich oft die Richtung des Spiels, was zur Folge hat, dass der Spieler drei unterschiedliche Enden zu Gesicht bekommen kann. Das Verhalten von Torque hat stets einen direkten Einfluss auf die Wendungen in der Story.
Hier ein Beispiel. Hilft man an bestimmten Punkten anderen Häftlingen oder Aufsehern und begleitet diese beispielsweise einen gewissen Weg lang durch die Monsterhölle, den sie allein nicht überleben würden, dann hat dies einen positiven Einfluss auf das Spielgeschehen, sprich Torque wird eher ein good guy. Tötet der Spieler allerdings unschuldige Personen im Spielverlauf oder aktiviert etwa die Gaskammer, in welcher sich ein Sträfling befindet (hab ich dummerweise gemacht :roll

, kommt die fiese Seite von Torque zum Vorschein.
Zeig mir das Monster in dir!
Das einzige Spielelement, welches ansatzweise etwas Abwechslung zur sonst recht eintönigen Metzelorgie bietet, steht in direktem Zusammenhang mit Torque`s animalischen, übernatürlichen Fähigkeiten.
Wenn die Insanity-Anzeige (steigt mit jedem Kill des Spielers an) komplett gefüllt ist, kann unser Alter Ego sich in eine Art Monster verwandeln, wird so selbst zu einer wütenden Ausgeburt der Hölle und nimmt seine Kontrahenten für eine kurze Zeit regelrecht auseinander. Zu lange sollte man Torque in diesem „Das Monster in mir kommt zum Vorschein“-Zustand aber auch nicht lassen und ihn in sein normales Wesen zurück transformieren, denn wenn die Insanity-Anzeige komplett geleert wurde, geht das Monsterdasein zu lasten unserer Lebensenergie.
Verwendet der Spieler zu oft diese animalischen Fähigkeiten seines, so hat dies auch Auswirkungen auf den Storyverlauf, natürlich nicht im positiven Sinne.
Abgesehen davon spielt sich The Suffering aber wie viele andere Third-Person-Shooter auf Konsolen, ziemlich gewöhnlich imo.
Waffenkunde
Um mit den diversen Abarten von Gegnerhorden auf Carnate Island fertig zu werden, benötigt Torque natürlich auch eine gewisse Bandbreite an Argumentationsverstärkern.
So kommen neben Doppel-Revolvern, Handgranaten, MGs und der fast schon obligatorischen Shotgun auch von Insassen des Gefängnisses selbst gebaute Waffen zu Einsatz. Molotov Cocktails, Shives, Schrapnellgranaten oder Stand-MGs machen den Pfad durch das Inferno etwas leichtgängiger.
Über die Schultertasten werden die Feuerwaffen aktiviert sowie die Wurfobjekte den Monstern entgegengeschleudert.
Des Rätsels Lösung
Zwar ist The Suffering eindeutig ein Action-Adventure, das stark den Aspekt des Ballerns in den Vordergrund stellt, aber dennoch enthält das Spiel einige nette Rätseleinlagen. Die Denkaufgaben gestalten sich jedoch um einiges logischer als die der Genrevertreter Resident Evil oder auch Silent Hill. Alle Rätsel machen einen Sinn und sind mit etwas Gehirnakrobatik (zu) schnell zu lösen, ohne dabei einfältig zu wirken.
Steuerungstechnik gelungen? Ja!
Torque steuert sich herrlich leichtgängig durch die dunklen Gänge des Abbott State Penitentiary, viel besser könnte ich mir die Handhabung der Spielfigur gar nicht vorstellen. Gerade Resident Evil-Kenner werden die Steuerung von The Suffering als kleine Offenbarung empfinden, hier wirkt nichts antiquiert wie bei den Capcom-Horrorschlachten.
Der Spieler läuft, rennt, springt und schießt sich von Level zu Level und kann mit vielen Objekten, wie etwas den Überwachungsmonitoren, Schränken, Schaltern usw., interagieren. Torque nimmt Telefonaten entgegen, rüttelt an verschlossenen Toren und kann Gegenstände im Kampf gegen die Monster einsetzen.
Netterweise wurde der Nachschub mit Xombiumpillen (Auffüllen der health-Anzeige) auf die schwarze Taste gelegt, was sich in den Kämpfen ähnlich vorteilhaft wie beispielsweise bei Max Payne erweist.
Weiterhin sollte an dieser Stelle erwähnt werden, dass der Spieler zwischen der Third- und First-Person-Perspektive umschalten kann, was sich besonders in manchen Kämpfen als hilfreich herausstellt. Wer Bock drauf hat, der kann The Suffering also auch als Ego Shooter durchzocken ...
Grafik
The Suffering nutzt mit Sicherheit nicht die Fähigkeiten der Xbox-Grafikpower aus, aber die Fülle an Details der Umgebung, die schönen Licht-/Schatten-Effekte (Taschenlampe) und die so erzeugte bizarre Atmosphäre kommen insgesamt sehr ordentlich rüber.
Ein Großteil des Spiels verbringt der Spieler in den düsteren Gefängnisgängen, aber auch weitläufigere Außenareale wurden stilvoll gesignt.
Besonders die visuellen Effekte der Flashbacks von Torque wissen zu gefallen und kommen beängstigend verstörend daher.
Die Charaktermodelle wurden detailliert gestaltet, können aber nicht mit den wirklich fantastischen Monstermodellen mithalten, die einfach nur schrecklich schön sind, besonders aus der First-Person-Perspektive.
Alles an The Suffering wirkt düster (vielleicht etwas zu dunkel, um eine richtig klare Grafik zu erzeugen), es kommt kaum zu Einbrüchen bei der Framerate oder zu Clipping-Fehlern, aber letztlich merkt man dem Spiel an, dass es nicht exklusiv für die Xbox entwickelt wurde.
Anzumerken ist hier noch schnell der hohe optische Blutgehalt von The Suffering. Torque sieht schon nach der ersten halben Stunde des Spiels wie ein menschlicher Tampon aus, als hätte er gerade ein ausgiebiges Blutbad genossen. :roll:
77%
Sound
Was man bei The Suffering zu hören bekommt, trägt eindeutig mehr zur absolut gelungenen Stimmung bei, als die Optik.
Der Soundtrack gefällt in erster Linie durch seine relative Unwichtigkeit und unterstreit nur dezent die jeweilige Situation im Spiel. Die Soundeffekte dominieren bei The Suffering.
So tropfen alte Abwasserröhren vor sich hin, während auf einmal ein von Klingen erzeugtes Schleifgeräusch aus einer dunkelten Ecke zu hören ist, ein Monster ist im Anmarsch. Zeitgleich vernimmt unser Ohr das Echo eines markerschütternden Schreies, welches durch die Gänge getragen wird. Und diese Stimmen in Torque`s Gehörgängen erst, die kommende Flashbacks ankündigen.
Die Qualität der Soundeffekte der Waffen ist dagegen nur durchschnittlich, die (englische) Sprachausgabe einen Tick besser und glaubwürdig, das Niveau ist hier aber auch schwankend.
85%
Fazit
The Suffering ist kein Top-Spiel!
Das liegt auf der einen Seite an einer mehr als durchschnittlichen Optik, die in Zeiten eines Ninja Gaiden fast schon unzeitgemäß wirkt, und zum anderen am absolut uninspirierten Gameplay, welches spätestens nach zwei, drei Stunden keine Abwechslung mehr bietet und den Spielspaß zu sehr in den Keller drückt..
Klar, andere Aspekte an The Suffering gefallen. Eine durchdachte und zum Weiterspielen animierende Story, tolle Scripts, die den Spieler mehr als einmal einen kalten Schauer über den Rücken jagen und eine nervenzerreibende Atmosphäre erzeugen, gelungene Soundeffekte, eine leichtgängige Steuerung und eine stets gut positionierte Kamera können aber oben genannte Schwachstellen nie ganz verdecken.
The Suffering ist ein zweischneidiges Schwert.
Wer gerne nachts mit schweißnassen Händen vorm Fernseher sitzt und vor Anspannung nicht den nächsten Raum betreten will, der wird sicherlich mit The Suffering einige „schreckliche“ Stunden verbringen können.
79%