PS4/XOne/Switch/PC Team Sonic Racing

Team Sonic Racing Review

Was ist blau, hat Stachel und ist unheimlich schnell? Die Antwort könnte zwar lauten „jeder unrasierte Vatertag-feiernde auf dem Weg zur nächsten Toilette nach übermäßigem Alkoholkonsum“, hier ist aber von Sonic die Rede. Sonic The Hedgehog lieferte sich in den 90ern ein knallhartes Duell mit einem pummeligen Italo-Klempner, wie es ausging, ist bekannt. Mario ist in aller Munde und das Stacheltier verkam zur einer Randnotiz in der heutigen Popkultur. Kaum jemand der heutigen Kids kennt Sonic, was mitunter den eher mittelprächtigen Games der jüngsten Vergangenheit zu verdanken ist. Findet das watschelnde Nadelkissen mit Team Sonic Racing zu alter Stärke – und damit ins Gedächtnis der Masse – zurück? Dieser Test gibt Aufschluss über die Qualitäten des Mario-Kart-Konkurrenten.

Igel am Steuer, ungeheuer

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Schon seit 25 Jahren quetscht sich Marios einstiger Rivale in allerlei Vehikel. Den Anfang machte 1994 Sonic Drift auf dem Sega Geame Gear, der Autor dieser Zeilen kam durch den Nachfolger Sonic Drift Racing (1995) erstmals in Berührung mit Fun-Racern. Es wurde gelacht und geflucht und der Handheld beinahe auf Köpfen von Freunden getrommelt, wenn neben einem aufgrund der miserablen Fahrkünste Kichern ertönte. Es hat tatsächlich 24 Jahre gedauert, bis sich der gebeutelte Zocker wieder an eine Raserei mit Segas Maskottchen traute. Aufgrund einer Übersättigung der Mario-Kart-8-(Deluxe)-Kurse- und Charaktere wurde ein taugliches Pendant gesucht. Ja, viele bevorzugen diese komische Beutelratte, aber wenn jemand schon Crash heißt, sind doch Unfälle vorprogrammiert, oder? Die hier schreibende Person kann jedenfalls nichts mit diesem Bandiknut anfangen, verbindet mit Sonic aber viele schöne, nostalgische Momente.

Manch einer mag sich fragen, wieso ein Igel, der mit Überschallgeschwindigkeit über den Asphalt rennen könnte, überhaupt ein Fahrzeug braucht. Sega erklärte dies mit Fairness. Hedgehog möchte simpel Duelle mit für alle Kontrahenten gleichen Bedingungen austragen, ohne einen Vorteil auf seiner Seite zu haben. „Hör ma uff von deinen Kindheitserinnerungen und dem geschichtlichen Mist zu labern und sag was zum Spiel, Alda!“, zischt es dem ein oder anderen Leser bestimmt nun durch den Denkapparat. Zu Befehl, auf zu den ersten Eindrücken!

Klempner im Igelkostüm?

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Nach dem Starten von TSR (aufgrund von Faulheit … äh einfacherem Lesefluss wird das Spiel ab nun so genannt) grölt eine Stimme aus dem Off den Titel. Man merkt, der Sprecher gibt sich Mühe euphorisch zu wirken, allerdings erinnert er eher an einen halb eingeschlafenen Moderator eines Schülerradios. Der Spielstart orientiert sich also an Mario Kart, überzeugt aber nicht vollends. Das Hauptmenü zeigt sich aufgeräumt und es können zu jeder Zeit unkompliziert Mitstreiter beitreten. Es klingt vermutlich blasphemisch, aber mir gefällt der Homescreen von TSR besser als jener von MK 8 mit seinen teils verschlungenen Pfaden. Im Fokus für Einzelspieler-Flitzereien steht Team-Abenteuer. Das Viech im dazugehörigen Icon schaut aus wie Horst Lichter mit einer Krone auf der Birne, es handelt sich aber um Dodon-Pa, einem reichen Waschbären, welcher die Rennen veranstaltet. Am Zusatz ABENTEUER dürfte man es schon erahnen – es gibt einen Story-Modus! So etwas vermisst man beim Gegenstück mit dem Lassagnen-bäuchigen Pilz-Zertrampler.

Klasse: das Team-Abenteuer lässt sich mit bis zu drei Spielern bestreiten. Eine feine Sache. Eher weniger fein – das Spiel (oder der Lichter-Waschbär) leiden wohl teils unter Gedächtnisschwund. Endlich in Kapitel 6 (von 7) angekommen, waren ein paar zuvor erledigte Aufgaben wieder als unerledigt gekennzeichnet, womit eine Rückstufung zu Kapitel 3 einherging. Macht das Team-Abenteuer denn wenigstens Spaß? Japp, zumindest die normalen Rennen, K.O.-Rennen und Team-Rennen. Bei den Missionen, wo man beispielsweise fahrende Roboter zerstören, Ringe einsammeln oder an Pfosten vorbei driften muss, könnten Bissspuren am Controller entstehen. Die Schwierigkeit dort erscheint teils etwas unausgewogen. Zudem fehlt ein leichter Spielmodus. TSR bietet „normal“, „schwer“ und wer „schwer“ geschafft hat, bekommt noch ein „sehr schwer“ um die Ohren gehauen. An alle, die dieses Wunder vollbrachten: meine Hochachtung für diese Leistung – und Beileid für die zig durchgekauten Joy-Cons / Pro-Controller. Trotz der großen Herausforderung wirft man die Missionen aber nach dem „das-muss-doch-zu-schaffen-sein“-Prinzip immer wieder an. Spaß macht´s also trotzdem.

Alle drei zusammen

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Das zuvor beschriebene Team-Abenteuer sowie die lokalen Sessions (bis zu vier Zocker an einer Switch oder via WLAN) als auch Online-Partien sind in Grüppchen bestreitbar. Man macht dann, Obacht mieses Wortspiel, einen flotten Dreier. Es gibt 15 Charaktere, die ausschließlich aus dem Sonic-Universum, stammen. Da wären das blaue Nadelkissen (Sonic), das silberne Nadelkissen (Silver), das schwarze Nadelkissen (Shadow) und das elektrische Nadelkissen (Metal Sonic). Amy, die Verehrerin des blauen Turnschuh-Fetischisten, dürften einige ebenfalls kennen, was auch für Knuckeles und den zweischwänzigen (hö hö) Fuchs Tails gilt. Dr. Robotnik alias Eggman als Bösewicht ist natürlich ein weiterer prominenter Fahrer. Das komische Krokodil, diese an Pikmin erinnernden Alien-Viecher oder die mollige lilafarbene Katze sagen dem hier agierenden Tastenquäler hingegen nichts.

Bei der Wahl des Piloten muss man auch den Typ, also Tempo für Geschwindigkeit, Stärke für das Durchbrechen von Barrieren oder Technik für das Fahren über Untergründe abseits der Strecke, berücksichtigen. Im Rennen lassen sich Items gegenseitig per Tastendruck zuschustern, außerdem entsteht hinter dem eigenen Vehikel eine Turbo-Spur, die ein Kollege für mehr Speed nutzen kann. Steckt ein Kamerad fest oder wurde abgeschossen, verhilft ihm ein dichtes Vorbeifahren zu einer Tempo-Starthilfe. All diese Aktionen und das Ausschalten von Rivalen füllen eine Mega-Turbo-Anzeige unterhalb des Autos auf. Ist diese voll, gehen die Teammitglieder ab, wie ein Tour-de-France-Fahrer mit extra großem Doping-Frühstück. Manche mögen sicher skeptisch sein, ob dieser Team-Aspekt einen Mehrwert darstellt und ob er sich intuitiv ins Geschehen integriert. Bei beidem gibt es ein klares JA. Die Mechanik geht schnell ins Blut über und sorgt für ein spannendes Miteinander anstatt Gegeneinander.
 
Die kunterbunte Welt des Sonic H.

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Segas Mathe-Künste können durchaus bei der Anzahl an Rennpisten hinterfragt werden. Ein Grand Prix setzt sich wie bei Mario Kart 8 (Deluxe) aus vier Kursen zusammen. Es gibt aber insgesamt 21 Strecken. Fährt man dann also fünf + ein Viertel Strecken pro Grand Prix? Nein, eine Stage fällt hinten runter. Bei Einzelrennen sind hingegen sieben Welten unterteilt in je drei Pisten ansteuerbar. Quantität ist bei der Streckenauswahl, zumindest in Hinblick auf die Mario-Kart-Konkurrenz, nicht gegeben, aber stimmt die Qualität? In der Tat, die Strecken machen Laune, sie unterscheiden sich optisch deutlich voneinander, haben Wiedererkennungswert und bieten die ein oder andere Abkürzung. Ob durch ein Casino, über Strände oder durch Eis- und Wüstenlandschaften, Abwechslung ist gegeben. Auch machen einem manche Level durch Hindernisse wie Sägeblätter oder gar Laserstrahlen das Leben schwer.

Die Soundtracks sind teils rockig und teils elektronisch, sie bleiben nicht so im Kopf wie die Hits aus Mario Kart, sind aber dennoch gelungen. Ein akustisches Highlight gibt es an anderer Stelle, denn die Protagonisten sind wahre Plaudertaschen. Sämtliche Fahrer unterhalten sich, komplett auf deutsch, miteinander oder geben allgemeine Kommentare zum aktuellen Renngeschehen zum Besten. Das sorgt für ein großes Plus an Atmosphäre und erleichtert auch das Gameplay. Ein bereitstehender Mega-Turbo wird prompt von den eigenen Teammitgliedern hinaus posaunt und eingesammelte Items namentlich vom Sprecher erwähnt. Die Synchronisation ist dabei weniger peinlich als befürchtet. Vor allem Sonics Stamm-Sprecher macht seinen Job gut. Dieser heißt übrigens bürgerlich Marc Stachel. Passender geht es wohl kaum. Fehlt nur noch, dass sich Sega ein Beispiel an Nintendo nimmt und ähnlich Doug Bowser (CEO von Nintendo America) einen Herrn Robotnik anheuert.

Die Power-ups, 14 gibt es an der Zahl, sind teilweise interessant und teilweise vom rotmützigen Genre-König ge-guttenbergt. Man sammelt die Items ein, in dem man durch die Fragezeichen-Gefäße fährt. Sega nennt die Kreaturen Wisps, sie spendieren einen Turbo, eine Rakete, eine zielsuchende Rakete, eine Bombe, ein Noten-Störbild (Anlehnung an den MK-8-Tintenfisch) oder einen Bohrer (ähnlich dem Kugelwilli in MK 8). Neu und cool sind der Würfel, der als Hindernis für Gegner abgesetzt werden kann, das Feuer, das eine schmerzhafte Spur für Wettbewerber hinterlässt, ein Erdbeben, durch das Steinsäulen auf der Piste entstehen oder ein Sog, der Kisten und Ringe ansaugt. Durch die Rennen erhält man übrigens Punkte, die in Mod-Kapseln investiert werden. In diesen stecken beispielsweise neue Teile für die Fahrzeuge, neue Lackierungen oder Hupen.

Der Technik-Turbo stottert bei Zeiten

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TSR ist eigentlich recht hübsch, vor allem am TV mit 900p. Die Bildwiederholrate ist aber auf 30 FPS ausgelegt. Nun mag mancher denken „Boah ey, 30 FPS is voll lahm, da rennt meine Oma mitm Rollator rückwärts schneller“. Je nach Wahrnehmung kann dieser Umstand tatsächlich ein K.O.-Kriterium sein, aber hier schreibt ein alter Sack, der auf die 40 zu geht und eh nur noch eine eingeschränkte Reaktionszeit hat. Prinzipiell ist TSR mit einem oder zwei Fahrern gut spielbar, da zu 99 Prozent die 30-FPS-Marke gehalten wird. Ab drei Spielern geht es aber in den Keller und hin und wieder tauchen kleinere Ruckler auf. Zwar wird das Game zu keinem Zeitpunkt völlig unspielbar, schade ist dieser technische Makel dennoch. Die Ladezeiten könnten ebenfalls schneller sein, sie liegen je nach Strecke zwischen 25 und 30 Sekunden.

Fazit zu Team Sonic Racing

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Zunächst einmal vielen Dank an Alexander, Stefan, Sascha, Sabrina, Melanie und Sarah (häufig genutzte deutsche Vornamen, irgendetwas trifft sicher zu) an das Verschwenden eurer Zeit für die letzten Zeilen. TSR ist freilich nicht ohne Fehler, aber macht verdammt viel richtig und wird dafür viel zu wenig beachtet. Die hervorragende Team-Mechanik, das Atmosphäre-Plus durch die In-Game-Konversationen und die teils herrlich bekloppten Strecken seien hier genannt. Wer aufgrund der 30 FPS keine Bauchschmerzen bekommt und eine Alternative zu Mario Kart 8 sucht, dürfte mit der Sonic-Raserei glücklich werden. Es bleibt aber zu hoffen, dass ein leichter Schwierigkeitsgrad – oder generell Balance-Verbesserungen – via Update Einzug halten. In den vier Wänden des Autors lebt nämlich ein begeisterter, zehnjähriger Videospieler, der aufgrund des teils happigen Anspruchs Wörter in den Mund nahm, die er eigentlich nicht aussprechen dürfte.
 
Insgesamt ist der Test schön geschrieben. Wobei das sehr Umgangssprachliche und die teilweise ausladenden Sätze Geschmackssache sind. Teilweise fehlt dir dadurch etwas die Präzison in deiner Argumentation. Auch hast du teils sehr kurze Sätze mit eigentlich zusammenhängenden Informationen hintereinander, wodurch es hier abgehakt wirkt. Die Infos besser hier in einen Nebensatz packen, da dies dem sonst guten Lesefluss schadet.

Dein inhaltlicher Aufbau ist an sich schlüssig und macht für den Leser dein Fazit nachvollziehbar.

Auf den letzten Satz in der Einleitung kannst du in der Regel verzichten. Die Erwähnung, dass du über die Qualität eines Spiels Aufschluss gibst, ist an sich redundant bei einem Test. Schließlich ist dies dessen Zweck.
 
Hallo Heavenraiser,


vielen Dank für dein Feedback. Bei diesem Test wollte ich mich als privaten Kontrast zu meinem Job (ich bin hauptberuflich Redakteur) einfach mal austoben und tippen, wie mir der Schnabel gewachsen ist.

Deshalb achte ich auch nicht penibel auf die Formulierung, sondern möchte eher bewusst mit meinem eigenwilligen Humor provozieren. Im Schreiben von Spiele-Reviews fehlt mir aber in der Tat noch Übung, da versuche ich beim nächsten Mal auf einen besseren Lesefluss zu achten.


Viele Grüße
 
  • Lob
Reaktionen: Avi
Deine eigene Vorgabe hast du auf jeden erfüllt, unterhaltsam ist der Text.

Evtl. könntest du dir auch überlegen, was du dem Spiel als Wertung geben würdest. Da braucht es etwas Erfahrung, bis man die Spiele eingeordnet bekommt.

Bei mir hat es auch einige Tests gebraucht, bis ich drauf hatte, wie man einen guten Lesefluss erreicht. Wobei mein Hintergrund eher im wissenschaftlichen/technischen Bereich zu finden ist und ich dadurch froh war, etwas "freier" schreiben zu können.
 
  • Lob
Reaktionen: Avi
Habe das Spiel nun auf der Xbox One X durchgespielt.

Freute mich erst über die Story-Kampagne, dummerweise wird diese fast ausschließlich in Textboxen erzählt. Inhaltlich wiederholen sich die Strecken dann leider auch recht schnell. Sprich, ich war am Ende froh, als der Abspann lief.

Generell mag ich das Spiel aber durchaus. Diese Teammechanik ist mal was Neues und mit den Stunts in der Luft nochmal extra Turbo rausholen, alles recht nett. Spiel lief auch sauber und schnell und Kantenflimmern oder überhaupt Kanten gibt es nicht.

Leider gibt es nur Sonic-Charaktere und Sonic-Strecken... das fand ich im Vorgänger dann doch besser gelöst.

Ist sicher ein guter Fun-Racer, jetzt ohne die großen Highlights aber macht jetzt auch keine großen Fehler. Hat gepasst.
 
Habe das Spiel nun auf der Xbox One X durchgespielt.

Freute mich erst über die Story-Kampagne, dummerweise wird diese fast ausschließlich in Textboxen erzählt. Inhaltlich wiederholen sich die Strecken dann leider auch recht schnell. Sprich, ich war am Ende froh, als der Abspann lief.

Generell mag ich das Spiel aber durchaus. Diese Teammechanik ist mal was Neues und mit den Stunts in der Luft nochmal extra Turbo rausholen, alles recht nett. Spiel lief auch sauber und schnell und Kantenflimmern oder überhaupt Kanten gibt es nicht.

Leider gibt es nur Sonic-Charaktere und Sonic-Strecken... das fand ich im Vorgänger dann doch besser gelöst.

Ist sicher ein guter Fun-Racer, jetzt ohne die großen Highlights aber macht jetzt auch keine großen Fehler. Hat gepasst.

Danke für die Eindrücke. :nyanwins:
 
So, gestern habe ich mit einem Kumpel zusammen den Story-Modus endlich weiter geschafft. Man sollte den echt mindestens zu zweit bestreiten. Die KI der Computer-Teamgefährten ist ok, aber natürlich weit weg von den Skills eines alten Fun-Racer-Hasen. :scan:

Außerdem hat sich Sega bei den Herausforderungen abseits der üblichen von A nach B Rennen wohl einen Patzer erlaubt. Denn wenn man die im Singleplayer macht, gibt es KEINE KI-Mitstreiter, die helfen. Wenn man menschliche Kollegen hat, dürfen die aber mithelfen. Man ist also solo klar im Nachteil. :neutral:
 
  • Lob
Reaktionen: Avi
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