Weitestgehend spoilerfrei, aber auf eigene Gefahr
Ansich ist der neue Star Trek kein schlechter Film.
Kirk, Uhura und vor allem Pille sind meiner Meinung nach gut bis sehr gut getroffen und lassen die Vorbilder jederzeit durchscheinen. Zulu und Scotty bleiben etwas blass, was aber dem Plot und nicht den Schauspielern anzulasten ist. Spock mag optisch Ähnlichkeit aufweisen, handelt jedoch eigentlich den ganzen Film über völlig out of character. Das mag man durch die Ereignisse auf Vulkan entschuldigen, aber beispielsweise den ersten Offizier, weil er nervt(!), einfach mal auf einen wildfremden Planeten zu schießen ist schon ein starkes Stück. Chekov wurde leider ein wenig arg als Witzfigur dargestellt, aber das kann ich mit TOS im Hinterkopf durchgehen lassen.
Der Plot selbst ist durchaus interessant aufgezogen und auch nachvollziehbar, wenn auch meiner Meinung nach und unabhängig von allem anderen, nicht der wirklich große Wurf.
Schlimm wird es nun für alle die 40 Jahre Arbeit am Franchise zu schätzen wissen. Rein technisch gesehen bricht der neue Film den Canon durch den Zeitreisetrick zwar tatsächlich nicht (auch wenn bereits die USS Kelvin dieses merkwürdige Innendesign hat, aber dazu später), letztendlich haben sich Abrams, Orci, und Kutzman aber jede nur erdenklich Freiheit genommen das Franchise nach ihrem Gutdünken zu verändern. Ich hatte natürlich auch im Vorfeld bereits gewusst dass die Canonbalken ordentlich ächzen werden und das Design zum teil völlig umgekrempelt werden würde, aber dass man mehr oder weniger alles über den Haufen schmeißt hat mich dann doch schockiert. Ganz besonders nachdem im Vorfeld von den dreien immer beteuert worden war dass man den Canon respektieren wolle. Ich betreibe hier auch keine Rosinenpickerei, nein die Geschichte des alternative oder wie auch immer anzusehenden Universums wird, bzw. muss nach dem Film völlig neu geschrieben werden.
Fangen wir bei der Optik an. Bei vielen Dingen wurde tatsächlich darauf geachtet das Flair der Klassikserie, bzw. der Filme einzufangen. Hob sich Star Trek immer durch ein sauberes, ordentliches Design von dem durch George Lucas inspirierten "dreckigen", angenutzten Look ab, so hat man hier einfach mal beides in eine Schüssel geschmissen. Das fängt bei kleinen Patzern, wie einer unter Rohrbruch leidenden Shuttlerampe, oder einem Bunker ähnelnden Außenposten an, beginnt dann vom Fan mit dem Design der Brücke und des völlig anderen Beameffekts (warum hat man den überhaupt geändert, der neue ist auch nicht spektakulärer oder dergleichen) etwas mehr Mut zu fordern und schmeißt schließlich mit dem Maschinenraum und den Raumschlachten alles über den Haufenn was man kennt und schätzt. Sorry, aber was hat man sich dabei gedacht? Der Maschinenraum sieht wahlweise wie eine Chemiefabrik, ein Stahlwerk oder eine Mineralwasseabfüllfabrik aus. Da kann man auch nicht mit Logik kommen, denn schon das uralte Spaceshuttle ist 100mal näher an meinetwegem dem Zeitschiff aus dem 29. Jahrhundert als diese Fabrikhallen an dem inneren eines Raumschiffs. Die Raumschlachten sind in bester Star Wars Manier mit impulsartigen Geschossen und Raketen die flink wie Bienen ihr Ziel verfolgen.
Die Sounds wurden nach gutdünken ersetzt, was ich nicht wirklich dramatisch finde, aber dieser halbgare Mischmasch aus alten und neuen Sounds ist eher befremdlich als nostalgisch.
Die Plotlöcher und Logikfehler sind für den Fan zwar offensichtlich, aber eher der Kategorie verschmerzbarer Kompromiss bzw. filmisches Stilmitel zuzuordnen. Die anderen Filme waren hier schließlich auch nicht immer perfekt. Dennoch machen sie den Film natürlich auch nicht unbedingt besser. Da ich die Story nicht verraten will, hier nur ein kleiner Kommentar dazu. Etwa gegen Mitte des Films kommt es dann zu DEM Canonbruch, der auch nicht mehr durch sonstiges Zeitreisegedöhns behoben wird. Man kann den Film somit getrost als vollständigen Reboot bezeichnen. Frech fand ich, wie bereits gestern Nacht erwähnt, dass man den Fans im Film mehrfach die Zunge rausstreckt und sie, ich denke man kann es so nennen, verhöhnt. Damit meine ich nun wirklich nicht die humoristischen Seitenhiebe auf Technobable und Nummerierungswahn, sondern einerseits Szenen in denen der Film zeigt dass man auch durchaus einen guten Star Trek Film machen kann, nur um sogleich den nächsten Bruch mit der Tradition zu zelebrieren. Zum anderen gibt es diverse Szenen in denen, so interpretiere ich das jedenfalls, dem Fan über die Dialoge der Charaktere versucht mitzuteilen, dass er das Gesehene doch bitte wohlwollend fressen soll. Umso schlimmer weil der Film mit ziemlich wenigen, für den Canon aber unumgänglichen, Änderungen ein wirklich guter Star Trek Film hätte sein können. Lauter unnötige Änderungen, nur damits öfters, oder oftmals nur anders, "Bum" macht.
Ist der Film nun Star Trek oder nicht? Für jemanden der keinerlei Wert auf ein ziemlich konsistentes Universum, 40 Jahre Entwicklung und das was Star Trek bis gestern Abend war legt: Ja. Es ist ja auch durchaus Trek zu erkennen, so ists ja nicht. Dieser kommt aber leider hauptsächlich durch das halbgare Recycling von Charakteren und Optik zustande. Man gewinnt den Eindruck der Film wäre für Leute gemacht die vor zich Jahren zwei Folgen TOS angesehen haben und nun ins Kino gelockt werden sollen.
Für alle anderen, das schließt nun -wenig überraschend- mich mit ein hat Das Trio um Abrams Star Trek völlig zerstört. Das macht das vorhergegangene nicht schlechter, die Spaltung des Fandoms wird es jedoch trotzdem nicht verhindern. Ich jedenfalls bin tief enttäuscht von Paramount und dem zuständigen Stab so etwas zugelassen zu haben.
Edit: Sollte jetzt einigermaßen lesbar sein.