Zunächst einmal vielen Dank, dass Du auch inhaltlich auf meine Argumente eingehst, das weiß ich sehr zu schätzen. Wenn das hier jeder machen würde, würde das die Diskussionskultur in diesem Thread deutlich heben.
Nun zu deinen Einwänden:
Wie gesagt, hier ist es hilfreich, den Teilungsplan von 1947 historisch zu kontextualisieren. Im Zuge des Weißbuchs wurden den Palästinensern ab 1939 konkrete Versprechungen gemacht. Diese Versprechungen wurden bis 1947 eingehalten, bis Großbritannien plötzlich seine Politik änderte. Die natürliche Reaktion der Araber war natürlich, diesen Plan zu boykottieren. Schließlich geht es hier um das Recht auf Selbstbestimmung und kollektive Beteiligung an Entscheidungsprozessen. Beides ist in diesem Fall nicht geschehen.
Großbritanien änderte nicht plötzlich ihre Politik, sondern nach Jahrelangen Konflikten, die zwischen radikalen, nationalistischen jüdischen SIedlern und der palästinänsischen Bevölkerung zu massiven Unruhen führten, denen auch vile Engländer zum Opfer gefallen sind.
Die Araber haben wie gesagt, den Plan nicht boykotiert! SIe nahmen an der Abstimmung teil und stimmten dagegen. Das ist weder eine Enthaltung, noch ein Boykott.
Sie haben das Ergebnis nicht akzeptiert
Auch das stimmt nicht. Den Juden und Jüdinnen wurden 56 Prozent des Landes zugesprochen. Das macht aus palästinensischer und arabischer Sicht keinen Sinn, weil die palästinensische Bevölkerung damals doppelt so groß war wie die jüdische. Warum also einem solchen Plan zustimmen, der eindeutig die israelische Seite begünstigt? Hinzu kommt, dass ein Großteil der traditionellen Anbaugebiete Israel zugeschlagen worden wäre.
Ich gestehe, ich habe mich unklar ausgedrückt. Die Araber haben unbestreitbar das meiste am fruchtbaren und nutzbaren Land zugesprochen bekommen. Der Großteil der den Juden zugesprochenen 56% Fläche bestand aus der Negev Wüste. Also ja, der Teilungsplan hat die Palistinänser stark bevorteilt.
Natürlich versteh ich aber dennoch die palistinänische Perspektive, das es für den Palistinänser unintressant ist, was im "Elfenbeinturm der UN" über deren Köpfe hinweg entschieden wird. Für diese erweckt sich der Eindruck, das ihnen was weggenommen wird. Schlieslich war das arabische Selbstverständniss, das ihnen alles gehört und sie nun was abgeben sollen. Objektiv gesehen war dies aber nicht richtig, da es genausowenig wie einen jüdischen Staat einen Palistinänsischen souveränen Staat vorher gab. Die völkerrechtliche Ausgangslage war also für beide Ethnien gleich. Daran ändert auch nichts, das der jüdische Bevölkerungsanteil damals sehr viel geringer war. Den für die jüdische Diaspora gab es viele Gründe und der Zustrom der Juden in das Gebiet zeigte ja bereits die Zeitenwende.
de.wikipedia.org
Auch das stimmt nicht. In den Schubladen der israelischen Führung lagen sehr ausgereifte Pläne mit genauen Vorstellungen und Anweisungen zur Vertreibung der Palästinenser aus ihren angestammten Gebieten; so wie sie am Ende auch ausgeführt worden sind. All das weiß man heute dank der mühsamen Archivarbeit der neuen israelischen Historiker seit den 1980er Jahren.
Ich wiederhole mich, das stimmt nicht. Die Vertreibung und die Vergrößerung der Gebiete waren von langer Hand geplant. Weder die Israelis noch die Araber haben den Status quo von 1947 akzeptiert.
Das kann ich weder komentieren noch intressiert es mich besonders. Wir haben hier den Teilungsplan besprochen und dieser beinhaltete nachweislich keine Umsiedlungspläne.
Sicher gab es zu der Zeit viele Pläne und Ideen in irgendwelchen Schubladen, nicht nur in jüdischen. Extremisten und Nationalisten gab es zu der Zeit auf beiden Seiten, der ein Jahrelanger Konflikt voraus gang der Bürgerkriegs ähnliche Zustände hatte
Auch das greift zu kurz. 1967 zum Beispiel war ein Angriffskrieg der Israelis. Man hat lange versucht, den Krieg als Präventivschlag darzustellen, aber diese Darstellung ist längst von Historikern und auch von israelischen Ex-Geheimdienstlern und Politikern widerlegt worden.
Der einzige eindeutige Angriffskrieg von arabischer Seite fand 1973 statt, und dieser Krieg war darauf angelegt, ein kurzer Krieg zu bleiben. Die Syrer und Ägypter wussten, dass sie angesichts der materiellen Überlegenheit der Israelis auf Dauer keine Chance hatten. Die Strategie war, schnelle Siege zu erringen, um Israel an den Verhandlungstisch zu zwingen, damit es die 1967 verlorenen Gebiete zurückgibt. Das ist zum Teil auch gelungen.
Über die Natur des Krieges von 1948 lässt sich streiten. Von einem einseitigen arabischen Angriffskrieg zu sprechen, greift zu kurz. Wie gesagt, auch die Israelis waren 1948 mit dem Status quo von 1947 nicht einverstanden.
Nein, da gibt es keinen Zweifel und einen breiten Konsens unter den Historikern. Der 6-Tage Krieg war ein PROVOZIERTER Erstschlag Israels eines Ägyptiusch/Arabischen Angriffskrieg.
Das ist ja keine Verschwörungstheorie. Du kannst dir Nassers Reden, Drohungen und Kriegsvorbereitungen heute noch anschauen. In den Bereitstellungsräumen sammelten sich die Ägyptischen Truppen und der Angriffsbefehl war nur noch Formsache, sobald die Vobereitungen abgeschloßen wären. Alle Friedenverhandlungen waren gescheitert. Hätte es den Präventiefangriff der Israelis nicht gegeben, wäre die militärische Situation Israels kritisch. Militärisch waren sie mehr als 2:1 unterlegn.
und es sind 3 arabische Angriffskriege, die die Auslöschung Israels zum Ziel hatten
1. Unabängigkeitskrieg
2. 6 Tage Krieg
3. Jom Kippur Krieg
Man kann aus meinen Ausführungen herauslesen, dass ich, so wie du gerade ein eher einseitiges pro-israelisches Narrativ teilst, hier ein pro-palästinensisches Narrativ teile. Ich möchte das relativieren, indem ich auch auf die Verfehlungen der arabischen Seite hinweise. Die arabisch-israelischen Konflikte sind bis heute durch eine Vielzahl von Ambivalenzen gekennzeichnet. Im jordanischen Bürgerkrieg etwa wurden die Jordanier bei der Vertreibung der PLO von Israel unterstützt. Im libanesischen Bürgerkrieg standen Israel und Syrien zunächst auf derselben Seite, indem sie christliche Milizen gegen palästinensische Milizen unterstützten. Wenig später wechselte Syrien die Seiten und unterstützte die Palästinenser. Deshalb macht es wenig Sinn, immer von "den" oder "den" Arabern zu sprechen. Die arabischen Staaten haben in der Palästinafrage nie eine einheitliche Linie verfolgt. Es wurden stets Eigeninteressen verfolgt, die mal mit israelischen, mal mit palästinensischen Interessen konvergierten.
Die Organisation Hamas ist aus der Muslimbruderschaft hervorgegangen. Eine Organisation, die sowohl mit Ägypten als auch mit Saudi-Arabien verfeindet ist. Nicht umsonst hat der ägyptische Geheimdienst Israel zwei Tage vor dem 07. Oktober vor einem Großangriff gewarnt. Saudi-Arabien und Ägypten sind sehr daran interessiert, dass die Hamas durch die Bodenoffensive ausgeschaltet wird. Gleichzeitig hat die israelische Regierung in den letzten dreißig Jahren die Hamas unterstützt und die gemäßigte PLO delegitimiert, wo sie nur konnte.
Was ich mit meinen Ausführungen zeigen möchte, ist, dass den Palästinensern sowohl von arabischer als auch von israelischer Seite das Recht auf Selbstbestimmung und kollektive Teilhabe an Entscheidungsprozessen verweigert wurde. Die palästinensische Bevölkerung ist seit 1948 ein nützliches Instrument im Machtspiel der Staaten im Nahen Osten.
Deshalb ist mein Narrativ pro-palästinensisch, aber sehr kritisch gegenüber den arabischen Akteuren sowie Israel und auch so manchen palästinensischen Anführern wie Arafat.
Da täuscht der Eindruck vielleicht. Als (Hobby)Historiker muß man sich der Objektivität verpflichten und Emotionen so weit es geht raus halten. Ich gebe zu, das ich eine starke Sympathie für die Juden und den Staat Israel habe. Die Geschichte des jüdischen Volkes ist nicht nur faszinierend sondern nahezu auch einmalig in der Weltgeschichte. Die schmerzahften Geburtswehen und kriegerische Geschichte zur Selbsterhaltung des Staates Israel sind historisch einmalig. Vergleichbar höchstens mit der Geschichte Vietnams.
Aber ich habe auch große Sympathien für das Palästinänsichen Volk, welches tragischerweise zum Verlierer dieser Geschichte wurde und nun jahrzehnte später in einem Apartheitsregime leben müßen und zum Spielball der lokalen Mächte wurde. Den ich gebe dir Recht, das auch die Araber oft die Palistinänser für ihre eigenen Intressen instrumentalisierte.
Dies war schon von Anfang an so, mit Beginn des Unabhängigkeitskrieg. Die Araber wiesen die Palistinänser an, mit Aufständen und Angriffen im inneren zu beginnen, während sie mit der Invasion von außen starten um ihnen zu Hilfe zu kommen. Allerdings stoppten sowohl Syrer, Jordanier als auch Ägypter an der Grenze und warteten ab, während die Israelis die Palistinänser niederkämpften und besiegten. Einer weniger, mit dem man die Beute teilen mußte ...
Die Araber haben nie wirklich zusammengehalten. Sonst wäre Israel vermutlich wirklich gefallen