So, nach 6:32h auf Heldenhaft ist der neueste Ableger und Startschuss für die neue Trilogie abgeschlossen.
Recht kurz, wenn ich bedenke, dass sich die Kämpfe und Gunplays länger ziehen als in den Vorgängern. Dafür gibt es mehrere Gründe. Zum einen herrscht in Halo 4 einen Ticken höhere Munitionsknappheit als in den Vorgängern, weil die Knights (auf deutsch "Springer" ...) recht viel vertragen und fast immer einen zusätzlichen Wächter bereitstellen. Aber auch weil die Waffen für kurze Distanzen in den größeren Arealen der Blutsväter Strukturen mitunter einfach ineffizient sind. Der "Unterdrücker" ist z.B. viel weiter verbreitet als das "Lichtgewehr", aber eben auch eine reine Bleispritze. Auch bei kontrollierten Feuerstößen. Ein weiterer Grund ist das erhöhte Gegneraufkommen. Es gibt einfach mehr Gegner, vor allem Crawler. Macht auch Sinn, wenn man bedenkt das die Allianzler sich in die Dienste des Didacts stellen. Etwas früh wie ich finde, weil damit der Frontenkrieg schon relativ zeitig aufgehoben wurde. Aber gut, diese Entscheidung lege ich nicht als negativen Punkt aus.
Die Steuerung ist wie gewohnt auf Topniveau. Das Sprinten ist nicht nur ein Gimmick, sondern in den größeren Arealen einfach eine notwendige Designentscheidung gewesen. Das man auch in der Story auf AAs zurückgreift war für mich allerdings befremdlich. Sie drängen sich einem zwar nicht essentiell auf, hätten aber auch genauso gut fehlen können. Nur an zwei Stellen im Spiel muss man sie aufheben, an einer davon auch tatsächlich benutzen. Ansonsten läuft alles sehr smooth von der Hand. Das altbekannte Rezept eben.
Wie stehts um die Grafik? Einfach hervorragend. Vom ersten Moment, als man die Kryoröhre verlässt, bis zum Zünden des nuklearen Sprengkopfs ist man einfach nur begeistert. Kein Halo sah so durchgestylt und so detailreich aus wie der vierte Teil. Hier haben die kreativen Köpfe bei 343i einfach geniale Arbeit verrichtet. Schwebende Gebilde von der Größe mehrerer Wolkenkratzer, riesige Konstrukte und Hallen mit der Ästhetik futuristischer Kathedralen, Panoramen von atemberaubender Schönheit, Kontrollräume die mitten in den Stein geschlagen wurden etc. etc. etc. ...
Man kann sich kaum satt sehen. Hier hat man das Gefühl als haben sich die Designer Inspirationen von TRON geholt und sie konsequent in die bereits bestehende Architektur früherer Teile eingepasst. Einfach gorgeous! Das Spiel ist um Längen bildgewaltiger als die Vorgänger. Auch die Optik der prometheanischen Gegner ist sehr gelungen, auch wenn es im Getümmel etwas schwierig fällt die unterschiedlichen Ränge der Knights und Crawler klar voneinander abzugrenzen. Nur die jeweils stärksten Varianten sind klar zu erkennen. Auch das aufgefrischte Aussehen der Eliten, Hunter, Jackals und Grunts haben mir sehr gefallen. Daumen hoch.
Doch hier kommt es zum ersten Punkt der mir missfällt. Wenngleich die ästhetischen Komponenten des Spiels fantastisch ausgearbeitet wurden, hat man nach meiner Meinung viel zu stark darauf gesetzt. Die Missionen selbst leben in einem viel zu großem Maße von ihrer Umgebung, als von ihrem Inhalt. Die Objectives des gesamten Spiels lassen sich in wenige Tätigkeiten zusammenfassen. Schalter drücken, Fahrstuhl fahren und technisches Gerät zerstören. Eingebettet in Korridore voller Gegner. Klingt blöd und verallgemeinernd? War in den Vorgängern nicht anders? Im Prinzip richtig, nur fällt es bei Halo 4 viel stärker auf. Es gibt generell nur wenige Passagen in denen man an der Seite anderer Soldaten kämpft. Eine große Stärke der bisherigen Spiele, weil es eine besondere Stimmung erzeugte. Wenn man dann doch mal Unterstützung im Kampf erhält, sterben die Soldaten schneller als man sie wahrnehmen kann, weil ihre Zahl lächerlich gering ist. 17.000 Mann auf der Infinity und nur gefühlte 30 die man im Spiel zu sehen bekommt. Auch große Fahrzeugschlachten im Stile eines Halo 3 sucht man vergebens.
Ein Review führte als negativen Aspekt des Spiels auf, es würde nichts Besonderes passieren. Zu dieser Wahrnehmung bin auch ich gekommen. Zwar gibt es Szenen in Call of Duty Manier, bei der mal etwas in der Ferne hoch geht, doch in unmittelbarer Umgebung des Chiefs passiert nur wenig. Keine Panzer- oder Warthograids gegen feindliche Horden, keine Kämpfe gegen Scarabs. Zweimal ist man kurz mit einem Panzer unterwegs, das wars. Nur der Mantis entschädigt ein wenig. Hier merkt man auch den fehlenden Soundtrack der Vorgänger. Nur ganz selten schafft es ein Stück des neuen OSTs in den Vordergrund zu treten und einer Szene zusätzlichen Charakter zu verleihen. Bei der Stelle am Erzeuger kam es mal kurz zum Feeling der alten Teile, doch tröstet das nur wenig. Der Fokus liegt klar auf dem Kampf zu Fuß. Der ja an sich gut funktioniert und unterhält, nur in der ungleichen Vermengung eben dazu führt, den Spieler die eigentlich immer gleichen Objectives zu klar werden zu lassen. Man ist ständig damit beschäftigt Areale zu räumen um Schalter zu erreichen, Portale zu aktivieren und dann mit Fahrstühlen zu nächsten Schaltern zu gelangen. Und mit dieser Formulierung überspitze ich die tatsächliche Handlung nur geringfügig. Dabei redet Cortana in alter Star Trek Manier, die nicht informieren sondern besonders cool klingen soll, von Systemproblemen, Partikelkanonen, Warpportalen, Matrixen, Überlastungen und Gravitationstrichtern ohne tatsächliche Aussagen zu treffen, die für den Spieler irgendeinen Informationsgehalt haben.
Jetzt könnte man natürlich einen Kniff anwenden und sagen, das wäre ihrer zunehmenden Verwirrung geschuldet, nur ist diese im Spiel klar abgegrenzt und auf andere Weise inszeniert. Womit ich zum nächsten Punkt komme. Cortanas Wahnsinn.
343i hat mich und viele andere, mit ihren stylischen ViDocs und Aussagen so geil auf die emotionale Entwicklung von Cortana und dem Chief gemacht, das man annehmen musste, nun endlich eine nähere, persönlichere Geschichte serviert zu bekommen, in der wir mehr über die Gefühlslage beider Protagonisten erfahren würden. Was tatsächlich geboten wurde, war eine Cortana, deren Niedergang in keinster Weise einem Spannungsbogen folgte und einem Chief, der zur Quasselstrippe geworden ist und jede Situation irgendwie kommentieren muss. Vor allem Cortanas Charakter hat mich zutiefst enttäuscht. Statt einer tragischen Figur, die Grabenkämpfe gegen ihren eigenen Verstand führt und dabei immer mehr von sich aufgeben muss, haben wir eine Cortana die alle paar Minuten kurz ausklinkt, um sich im Anschluss wieder zu fangen, entschuldigen und jammernd die nächste Tür zu öffnen. Und dieses Spiel wiederholt sich jede Mission gefühlt drei Mal. Anstatt hier einem konsistenten, roten Faden folgend, Cortana im Laufe des Spiels immer verrückter werden zu lassen, bis sie schließlich für den Chief völlig unbrauchbar - gar gefährlich ist - ohne das er sie aufgibt, gleicht ihr Wahnsinn eher einer schwangeren Frau, der die Hormone durchgehen. Dabei halten sich auch die Gespräche immer in einem banalen, nach Schema F konstruiertem Rahmen.
Cortana dreht kurz durch -> Entschuldigung -> Chief verspricht sie zu retten -> Repeat
Cortana warnt vor Gefahren -> Chief beschwichtigt sie und erklärt alles würde gut gehen (Look at my abs!) -> Repeat
Ihr Wahnsinn nimmt einfach nicht zu, sondern bleibt bis kurz vor Schluss auf einem relativ konstantem Level. Was dazu führt, dass man irgendwann das Gefühl hat, ständig der gleichen Konversation zuhören zu müssen ohne dass Cortana wirklich in Gefahr ist. Umso verwunderlicher das man sie am Ende tatsächlich sterben lässt, aber dazu später. Der Chief selbst redet überraschend viel. Zu viel, gemessen an der Art seiner Sprüche. Ständig versichert er Cortana alles zu regeln und wiederholt sich auch sonst ziemlich häufig. Wo er einst der wortkarge Krieger war, dessen One-liner einfach cool rüber kamen, wirkt seine gelassene Art und das Kommentieren jeder Kleinigkeit in Halo 4 einfach aufgesetzt. Die einzige Stelle in der es wirklich emotional wurde, war die Cutscene auf der Brücke der Infinity, mit Anschluss des Monologs von Cortana im Hangar. Hier blitzte für einen Augenblick ein philosophischer Ansatz auf, dem man sich viel öfter hätte bedienen sollen. Für einen Moment hat man den Boden der leeren Worthülsen verlassen und tiefer gegraben, nur um dann wieder in die gleichen stümperhaften, kitschigen Dialoge zu verfallen wie schon davor. Einfach unglaublich schade was hier für ein enormes Potenzial verschwendet wurde, zumal Cortana ja nun tot sein soll. Von der versprochen Tiefe war nichts zu spüren, dabei wurde so viel miteinander geredet.
Ach ja, da gab es ja noch diese Nebenstory.
Die Blutsväter. Die Schildwelt Requiem. Der Didaktiker. ̶d̶̶i̶̶e̶̶ ̶̶s̶̶o̶̶v̶̶e̶̶r̶̶e̶̶i̶̶g̶̶n̶̶.̶ Der Erzeuger.
Wer in Gottes Namen, der nicht die Bücher gelesen hat, soll eigentlich in Gänze verstanden haben was in diesem Spiel passiert ist. Hier kommen wir zu dem selben schlechten Storytelling, das wir auch schon von Bungie gewohnt sind. Es wird auf so gut wie nichts in erklärender Weise eingegangen. Man muss sich so dermaßen viel selbst zusammenreimen, dass man spätestens nach dem Aufeinandertreffen mit der Bibliothekarin das Handtuch werfen muss. Irgendwann kam mir alles vor wie ein Mittel zum Zweck. Es kann einfach nicht sein, dass man als Entwicklungsstudio eines solchen Projekts nicht merkt, was für extreme Sprünge das Spiel in seiner Erzählform betreibt. Man kann nicht davon ausgehen, dass ein Großteil der Spieler die Bücher gelesen hat, und mit den daraus gewonnen Informationen an dieses Spiel herangeht. Sorry, das ist einfach unprofessionell. Anstatt sich etwas Zeit zu nehmen, und wenigstens die Ansätze abzuklären, und dafür wäre ja gar nicht so viel Zeit nötig gewesen, wird die Technologie, die Tatsache einen lebenden Prometheaner zu treffen von keinem Charakter im Spiel irgendwie gewürdigt. Keiner zeigt sich in irgendeiner Form beeindruckt. Buisness as usual ... Hier wird bei gedrückter Fast-Forward-Taste eine Story erzählt, bei der die neue Bedrohung nicht nur aufgebläht wird, sondern am Ende auch noch wieder in sich zusammenfällt. Alles sehr fragwürdige Entscheidungen die 343i da getroffen hat, zumal sich nun die Frage stellt, inwiefern sich die Prometheaner noch auf plausible Weise gefährlich darstellen lassen sollen. Geht man nun direkt zur Flood über? Oder gar den Precursors ...
Erinnert ihr euch an die Szene als Cortana den Chief im damaligen Demo-Gameplay auf die prometheanische Waffe aufmerksam macht? Die coole Animation in der sich die Waffe seinem Arm anpasst. Wo war so etwas im fertigen Spiel? Die Animation war da, aber es gab keinerlei Kommentar von irgendeiner Person. Buisness as usual ... Und das ist nur ein bezeichnender Moment von vielen in denen der Spielwelt von den Charakteren keinerlei Be- oder Verwunderung entgegengebracht wird.
Das Cortana am Ende dann tatsächlich stirbt, war eine der wenigen Storywendungen, die micht überraschte. Positiv. Nicht weil die Tante mir im zunehmenden Maße lästig wurde, sondern weil der Chief nun in einer wirklich interessanten Situation steckt. Allein, ohne klares Ziel. Alle Kameraden nach seinem Kenntnistand tot oder verschwunden.
Genug geschrieben, wenn auch nicht alles gesagt. Die Nummer mit dem Todesstern, die Mass Effect Parallele ... ach egal. Später vielleicht.
It's half the game it should be. Es bleibt aber trotzdem ein gutes Spiel.
????
Gerade das mit den Forerunnern war extrem interessant. Fast noch interessanter als John + Cortana.
Ein Forerunner lebt weder "Millionen von Jahre" (nur die Vorläufer tun das; uns bekannt als Flood) noch sind sie "magische" Wesen.
Ich seh schon, du hast was das drum herum angeht noch keine Ahnung ;-) Da empfehle ich dir Halo Kryptum zu lesen, dort lernt man die Forerunner richtig kennen.
Merkst Du was? Sowas passiert wenn man keinerlei Erklärungen im Spiel bietet. Schlechtes Storytelling. Da bringt es nichts, wenn eine detailreiche, breit gefächerte Story in Form von Büchern existiert. In den Spielen wird einfach nicht ordentlich delivered.