Der Auftakt einer neuen Trilogie
Nur wenige Spiele, die in den letzten beiden Jahren für Microsofts Xbox 360 angekündigt worden waren, haben schon im Vorfeld soviel Aufmerksamkeit erregt als Biowares erstes Next Gen Projekt. Nicht nur, weil der Titel schon damals sehr vielversprechend aussah und ein tolles Konzept versprach, sondern auch, weil es den Auftakt einer neuen Spielerserie bedeutete, mit einem komplett eigenen Universum und eigenen Ideen .
Doch konnte Bioware mit Mass Effect wirklich ein gelungenes Spiel kreieren, und vor allem ein glaubwürdiges, neues Universum schaffen, oder scheitert das Spiel letzlich doch an zu hoch gesteckten Erwartungen? In diesem Review möchte ich versuchen, auf diese Frage eine Antwort zu finden.
Grafik/Design:
Das wohl objektivste Kriterium für einen Tester ist wohl die Technik eines Spiels, und damit verknüpft natürlich, wie die Umwelt des Spiels gestaltet wurde.
Schon in den Previews zu dem Spiel schimmerte durch dass man wohl großes vom Titel erwarten konnte, und in der Tat muss man einfach sagen, dass die Entwickler in vielerlei Hinsicht wirklich ordentliches geleistet haben.
Was einem zunächst natürlich ins Auge stach war, wieviel Mühe sich die Entwickler bei der Erschaffung eines echt aussehenden Charakters gegeben haben. Paradebeispiel hierfür ist wohl die Mimik der Protagonisten. Zum einem muss erwähnt werden, dass die Gesichtdetails wie Narben oder Poren so detailliert wiedergegeben wurden dass man teilweise erst bei näherem Hinsehen erkannte dass die Sequenz in Echtzeit ablief und nicht etwa vorgerendert war, zum anderen aber auch weil die Animationen beim sprechen wirklich hervorragend gelungen sind. Durch diese Effekte bekamen sämtliche Dialoge den Flair eines Filmes und zum ersten Mal fühlten sich die Protagonisten auch fast wie echte Personen an, und nicht bloß wie vom Computer erschaffene, animierte Bilder. Natürlich haben andere Spiele inzwischen auch schon wahnsinnig viel Mühe in die Details eines menschlichen Gesichtes gesteckt und natürlich damit auch die Mimik verbessert, der Unterschied zu Mass Effect ist aber dass in den meisten dieser Spiele die Mimik stets nur in den Cut Scenes zur Geltung kam, auf die ein Spieler keinen Einfluss hat, während sie bei Mass Effect Teil des Spiels sind.
Als zusätzlich motivierend erwies sich die Möglichkeit, sich im Editor seinen eigenen Charakter zu erstellen und dem Protagonisten selber seine persönliche Note aufzudrücken ein männlicher, zernarbter und braungebrannter Soldat, oder doch eher eine zierliche Frau ohne Makel? Die Möglichkeiten, die einem dieses System ließ, waren sehr vielfältig, auch wenn leider gesagt werden muss dass auch dieses Spiel leider nicht die Möglichkeit bot sich genau den Charakter zusammenzustellen den man sich vorgestellt hatte (im Idealfall sich selbst), da die Variationsmöglichkeiten dafür immer noch zu klein waren.
Trotz der vielen positiven Aspekte dieses System funktionierte die Mimik in Mass Effect natürlich noch lange nicht perfekt. Einerseits wirkten immernoch einige Animationen etwas bizarr (so verdrehten manche Charaktere beim sprechen doch sehr komisch die Augen), andererseits ärgerte es doch ein bisschen, dass manche Schatten im Gesicht beim Sprechen viel zu ruckartig hervorploppten.
Natürlich bestand das Ziel in Mass Effect nicht nur darin, sich mit irgendwelchen Leuten zu unterhalten, sondern auch darin seine Umgebung zu erkunden in dem Fall eine ganze Galaxie. Recht schnell wurde klar, dass das Spiel außerhalb der Dialoge grafisch sicherlich zwar konkurrenzfähig, aber nicht unbedingt wegweisend sein konnte. So manche Textur wirkte ein wenig grobkörnig, und stellenweise hätte man sich wirklich mehr Details gewünscht, aber zumindest in den Außenarealen wurde das ganze locker durch die tollen Lichteffekte wettgemacht, die durch zum Teil wunderbar aussehende exotische Sonnen und Planeten in allen möglichen Farben und Größen am Horizont erzeugt wurden. Am schönsten wirkten natürlich die Welten auf denen die Handlung vorangetrieben wurde, denn dort wurde natürgemäß der meiste Wert auf Details gelegt. Als besonders spektakulär erwies sich hierbei Feros, eine Welt mit einer riesigen, antiken Stadt, und vor allem Virmire, eine idyllische, grüne Welt mit viel Wasser und grünen Pflanzen.
Wer ähnliche Standards bei den vielen optionalen Welten erwartete, wurde leider enttäuscht, denn diese wirkten größtenteils eher trostlos, verlassen und lebensfeindlich. Als hohe Kunst ist den Entwicklern jedoch anzurechnen, dass sie es trotzdem geschafft haben auch diesen Welten den nötigen Charme zu verleihen, in dem sie jeder Welt eine ganz eigene Note gaben. So reichte das Spektrum von Welten mit bizarren Gebirgsformationen über Welten mit gigantischen, blauen Sonnen über Welten in denen die Erde bebte, es blitzte und donnerte, schneite, oder gar Meteoritenschauer hinunter gingen, bis hin zu Welten mit grünem Gras und umherfliegenden Pollen. Das wahrscheinlich beste Erlebnis dieser Art war aber zweifelsohne die Mission auf unserem Erdenmond. Wer würde auch nicht gerne mal die Erde aus Sicht der Mondfahrer am Nachthimmel stehen sehen?
Im Gegensatz zu den Außenarealen, bei denen man über gewisse Texturschwächen durchaus hinwegsehen konnte, fiel die Detailarmut in den Innenarealen sehr wohl ins Gewicht. Auch dies zeigte sich wieder mal am ehesten an den Nebenmissionen: Während Bioware sich nämlich alle Mühe gegeben hat, jedem Planeten eine persönliche Note zu geben, ließ sich dies über die Stationen und Militärbasen auf den Planeten leider nicht sagen: So machte man beim spielen recht schnell die Erfahrung, dass es offenbar nur drei verschiedene Modelle einer Planetenbasis für die gesamte Galaxis gab: Jede dieser drei Basen wurde etliche male verwendet, und jede dieser Basen ähnelte sich 1:1, nicht nur im Grundriss, sondern leider auch in der Anordnung der Inneneinrichtung. Selbst die Verteilung der Feinde in diesen Basen erwies sich in den meisten Fällen als gleich (wenige Ausnahmen bestätigen die Regel), sodass man irgendwann schon automatisch wusste ab welcher Tür man wachsam sein sollte.
Leider machte sich dies auch bei den Basen in den storyrelevanten Welten bemerkbar, wenn auch hier nicht ganz so krass.
Negativ aufgefallen ist auch, dass das Spiel mit ungewöhnlich hohen technischen Schwierigkeiten zu kämpfen hatte: Zum einem dauerte es manchmal über zehn Sekunden, bis beim Betreten eines neuen Gebietes die Texturen endlich in das Level hineingeladen wurden, zum anderen lief das Spiel zu keinem Zeitpunkt wirklich flüssig, und hatte stellenweise auch mit argem Tearing und vielen und langen Ladezeiten zu kämpfen.
Zum Design des Spiels an sich lässt sich vor allem sagen, dass es sehr stilecht wirkte und sehr an andere große Science Fiction Werke wie etwa Star Wars oder Star Trek erinnerte. Sehr positiv aufgefallen ist hier vor allem das Design der verschiedenen Alien Rassen, die (wie man sich anhand eines Artwork Buches in der Collectors Edition überzeugen konnte) mit ähnlich hoher künstlerischer Sorgfalt erschaffen wurden wie die Außerirdischen in den oben genannten Universen. Natürlich versuchte man auch bei den nichtmenschlichen Rassen, ausreichend Realismus in Mimik und Gestik rüberzubringen, was vor allem bei den Kroganern (Echsenähnlichen Kreaturen auf zwei Beinen) hervorragend gelungen ist. In der Tat bekam man hier stellenweise zumindest die Idee, dass der jetzige technische Vorsprung der Computeranimationen von ILM gegenüber den in Spielen verwendeten Modellen in naher Zukunft wohl immer weniger signifikant ausfallen wird.
Wahnsinnig begeistern konnte mich persönlich auch das Technikdesign, sei es nun das Design kleiner Kriegsmaschinen, oder aber riesiger Sternenkreuzer. Als Star Wars Fan kam einem der Stil von Mass Effect wie gesagt sehr vertraut vor, versprühte andererseits jedoch auch genügend eigenen Charme. Angefangen mit der Normandy, dem schnellen Raumschiff mit dem der Held unterwegs war und einen vielleicht ein ganz wenig an einen X-Wing erinnerte, über die Sovereign, dem Flaggschiff des Erzfeindes Saren, das wie ein riesiger Kraken aussah, bis hin zur Citadel, einer gewaltigen Raumstation, die einen vielleicht ein bisschen an eine geöffnete Blüte erinnerte. In Videosequenzen wurden all diese Raumsschiffe und Stationen toll vorgestellt und in Szene gesetzt, und insbesondere beim ersten Anflug auf die Citadel lief so manchem bestimmt ein leichter Schauer über den Rücken.
Leider ist aber auch das Design von Mass Effect nicht ohne Makel. So war es ohne Zweifel zwar schön, in einer Videosequenz mit seinem Raumschiff auf diese riesige Station zuzufliegen und anzudocken, betrat man jedoch anschließend den festen Boden machte sich sehr schnell Ernüchterung breit: Angesichts der Tatsache, dass die Citadel im Spiel als kilometergroße Station mit vielen Millionen Einwohnern vorgestellt wurde kamen einem die tatsächlich frei begehbaren Areale furchtbar klein und verlassen (um nicht zu sagen: trostlos!) vor. Effektiv gab es nur zwei Viertel, die man tatsächlich besuchen durfte, das Präsidium, (ein Politikerviertel), und die Bezirke, in denen man einkaufen oder in einen Nachtclub gehen durfte. Diese Areale wirkten allesamt sehr klein und furchtbar steril (das Problem der Detailarmut wurde oben ja schon angesprochen), und man hatte insgesamt den Eindruck, dass es viel zu wenige Leute gab mit denen man sich unterhalten konnte. Enttäuschend fand ich zum Beispiel die Nachtclubs, die im Spiel als Szenetreff angepriesen wurden und am Ende jedoch ausgestorbener waren als jede Dorfdisko und somit völlig ohne Leben wirkten. Dies haben andere Spiele schon besser vorgemacht. Blöd auch, dass die sogenannten Märkte im Spiel nur aus zwei Etagen bestanden, auf der man immer nur von je einem etwas kaufen konnte. Generell hatte man den Eindruck, dass viel zu viel der Phantasie des Spielers überlassen wurde. Typisches Beispiel hierfür war das Krankenhaus der Citadel, in der es nur vielleicht 5 Betten gab, keine Krankenschwestern oder Patienten, und nur eine Ärztin, die das ganze Spiel über an genau einer Stelle angewurzelt stehen blieb. Oder aber die Händler, bei denen man nie im Hintergrund in irgendwelchen Regalen Handelsware sehen, von denen man trotzdem aber alles kaufen konnte. Dies sind so Dinge, die man vor 5 Jahren vielleicht noch verzeihen konnte, heutzutage dagegen erwartet man dagegen doch sehr viel mehr Liebe zum Detail. Schade auch, dass die Citadel als einzige große Stadt in Erscheinung trat, während sämtliche andere Locations sehr menschenverlassen wirken.
Zur Verteidigung des Spiels muss aber gesagt werden, dass Mass Effect ja als Trilogie ausgelegt ist, und vielleicht wurden ja auch absichtlich die spektakulären Locations noch nicht vorgestellt, um den späteren Spielen nicht die Überraschung zu nehmen.
Sound/Musik:
Natürlich spielt bei einem Spiel dieses Kalibers nicht nur die Grafik eine große Rolle, sondern auch die akkustische Untermalung. Hier lässt sich zunächst mal sagen, dass der Sound des Spiels wirklich hervorragend gelungen ist. Egal ob abfeuernde Waffen, Explosionen oder die startenden Triebwerke eines Raumschiffes die Tonabmischung klang stets wunderbar, und jeder mit einem guten Soundsystem wird an der Vertonung von Mass Effect seine Freude haben. Die Musikuntermalung an sich ist auch wirklich gut gelungen. Zwar war keine Melodie besonders eingängig und zum mitsingen geeignet, jedoch fügte sie sich aufgrund des elektronischen Sounds hervorragend ins Science Fiction Setting ein und passte meist auch wunderbar zur aktuellen Situation. Ein wenig negativ aufgefallen ist die Musik der Citadel, die zwar je nach Bezirk wechselte, einem trotzdem aber früher oder später etwas auf die Nerven gehen konnte, sowie unerklärliche Musikaussetzer. Entschädigt wurde man dafür jedoch von einem wirklich gelungenem Abspann Lied.
Die Sprachausgabe des Spiels war im Vorfeld ein großes Sorgenkind, denn leider sah Bioware davon ab, der deutschen Version noch eine englische Tonspur hinzuzufügen. Entgegen aller Befürchtungen erwies sich die deutsche Vertonung jedoch als durchaus brauchbar, zumindest was die Protagonisten des Spiels betraf. Als besonders eindrucksvoll erwies sich die Vertonung der Aliens, wobei insbesondere der Kroganer Wrex und der Bösewicht Saren wirklich gute Synchronisationen hatten. Als weitaus weniger brauchbar erwiesen sich dagegen die meisten Figuren, die man in Nebenmissionen traf, denn hier wiederholten sich die Stimmen oft und wirkten eher abgelesen als gespielt.
Gameplay/Steuerung:
Mass Effect ist ein Rollenspiel, auch wenn dem ein oder anderem diese Tatsache am Anfang vielleicht nicht so aufgefallen ist. Tatsächlich wirkte die ganze Spielmechanik zuerst einmal eher Rollenspiel Untypisch: Der Kampfmodus spielte in einer über die Schulter Sicht, die dem ein oder anderem vielleicht aus dem Spiel Gears of War bekannt ist, es gab ein Deckungssystem, wie in Gears of War, und die Kämpfe an sich wirkten auch beinahe wie bei der Konkurrenz von Epic. Aber wie gesagt eben nur beinahe: Die Unterschiede wurden einem im Prinzip schon in der ersten Minute deutlich. Wer nämlich aufgrund der Ähnlichkeit zu diesem anderem Spiel dazu verleitet wurde, eher kopflos nach vorne zu stürmen und primär auf reine Waffengewalt zu vertrauen, wurde mit großer Wahrscheinlichkeit schnell mit dem Game Over Bildschirm konfrontiert. Zum einem, weil der Protagonist zu Beginn einfach ein miserabler Schütze war, zum anderem, weil man im Alleingang erstmal nicht viel erreichen konnte. Und genau hier treten schon die Rollenspiel Komponenten in Erscheinung.
Die Komponenten an sich erschienen dabei denkbar simpel: Wie in vielen anderen Rollenspielen auch gab es hier ein Levelsystem mit einem Höchstlevel von mindestens 60 (die exakte Höhe ist mir leider nicht bekannt, da ich bei Lv. 48 das Spiel beendet habe), die man durch das Sammeln von Erfahrungspunkten erreichen konnte. Eine sehr erfreuliche Sache war, dass sich das Sammeln von Erfahrungspunkten nicht nur auf das besiegen von Gegnern beschränkte, sondern auch als Belohnung für die Erkundung von Gegenständen, gelösten Sidequests und guten Antworten in den zahlreichen Dialogen in Erscheinung trat. Zusätzlich zu diesem Levelsystem gab es außerdem die Möglichkeit, individuelle Stärken wie den Umgang mit Waffen, Panzerung oder Redegewandtheit manuell aufzupowern (die Punkte hier bekam man jedoch nur durch Kampf).
Im Charaktereditor ganz zu Beginn des Spiels erhielt man außerdem neben der persönlichen Gestaltung des Hauptcharakters sowie dessen Vorgeschichte auch die Möglichkeit eine Klasse zu definieren. Zur Verfügung stand die Option Soldat, bei der selbstverständlich besonders viel Wert auf Waffengewalt und militärische Stärke gelegt wurde, sowie Biotiker, bei der man Jedi ähnliche Tricks wie Telekinese erlernen konnte, sowie Techniker (hier wurde der meiste Wert auf das dechiffrieren von Codes sowie das hacken von Computern gelegt), sowie Mischformen dieser Klassen. In meinem ersten Durchgang wählte ich die Option Soldat, weswegen ich freilich von Anfang an besser mit Sturmgewehren und Schrotflinten umgehen konnte. Trotzdem erlernte ich allerhand nützliche Tricks, wie zum Beispiel eine Technik, die kurzzeitig die Feuerkraft und Zielgenauigkeit der Feuerwaffen erhöhte. Im Kampfe standen einem dabei allerhand nützliche Waffen zur Verfügung: Je nach Situation konnte man auf ein Präzisionsgewehr setzen (das jedoch nur nach ausreichender Verbesserung wirklich effektiv eingesetzt werden konnte), oder aber auf eine sehr zerstörerische Schrotflinte, oder eine Handgranate. Im Laufe des Spiels und diverser Nebenmission sammelte man allerhand dieser Waffen und Panzerungen auf, die naturgemäß immer bessere Eigenschaften wie Feuerkraft und Zielgenauigkeit hatten. Zudem ließen sich alle Ausrüstungsgegenstände durch diverse Upgrades wie verbesserte Zielvisire oder radioaktive Munition verbessern. Diese Items fanden sich buchstäblich an jeder Ecke im Spiel, und sehr schnell wurde klar dass die maximale Kapazität von 150 Gegenständen im Inventar viel zu knapp bemessen war.
Die Kämpfe selbst fanden stets in Teams mit insgesamt 3 Mann statt, wobei man als Spieler selbst nur über die Hauptfigur echte Kontrolle hatte. Im Laufe des Spiels gesellten sich mehr und mehr Teammitglieder hinzu, bis man schließlich die Wahl zwischen 6 Personen mit unterschiedlicher Fähigkeiten Ausrichtung hatte. Ob Biotiker, Dechiffrierer oder Soldat, sämtliche dieser Ausrichtungen waren vertreten, wobei es ratsam erschien, auf alle Fälle immer einen Dechiffrierer im Team zu haben um die diversen Safes und Computer im Spiel zu hacken. Mit simplem Knopfdruck konnte man den Teamkameraden im Kampf Befehle zurufen, wie zum Beispiel das Vorpreschen zur nächsten Deckung oder aber der Angriff eines markierten Ziels. Leider erwies sich dieses System in der Praxis als etwas frustrierend, da die KI der Teammitglieder oftmals nicht in der Lage schien, einen Befehl vernünftig nachzuvollziehen. Häufig blieben die Mitstreiter lieber einfach in der Ecke stehen und gaben Kommentare wie ich kann da nicht hin ab, anstatt einem zu folgen und hatten hin und wieder schlichtweg einfach keine Lust zu kämpfen, so dass einem oft der Eindruck kam, ganz alleine kämpfen zu müssen, weswegen so mancher Kampf zu Beginn wirklich unfair und unnötig schwierig erschien. Hatte man einen Biotiker an Bord konnte man per Knopfdruck auf sein Repertoire zurückgreifen, was sich in der Praxis aber als eher unnötig erwies, da Waffengewalt oftmals effektiver erschien. Richtig nützlich war es im prinzip immer nur dann, wenn die KI des Teamkameraden selber auf die Idee kam z.B. ein schwarzes Loch im Kampf zu erzeugen oder einen Gegner schweben zu lassen.
Die Steuerung im Kampf selbst machte ansonsten weniger Probleme, es ließe sich höchstens noch sagen dass vielleicht besser gewesen wäre wenn die Spielfigur sich erst nach Knopfdruck an eine Wand gelehnt hätte (wie in Gears of War) und nicht automatisch in diese Stellung gegangen wäre. Dies hätte vermutlich einige frustige Momente erspart.
Natürlich bestand Mass Effect nicht nur aus Kampf, sondern vor allem aus Erforschung und Lösen diverser Nebenquests. Von den Nebenmissionen gab es nicht nur extrem viele an der Zahl, sie waren zum Teil auch wirklich ausgefallen. Besonders spektakulär ging es natürlich immer dann zu, wenn die Mission auf einem der vielen begehbaren Planeten spielte. Das Reisen bei Mass Effect spielte sich zum Großteil auf einer riesigen Karte der Galaxie ab, auf der man mit dem Analogstick diverse Sternencluster, Sonnensysteme und Planeten auswählen konnte. Die meisten Planeten in diesen Sternensystemen waren selbstverständlich nicht betretbar, doch selbst dann lohnte sich in der Regel die Untersuchung eines Planeten, zum einem weil man häufig auf die ein oder andere interessante Information stieß, die manchmal sogar indirekt mit der Geschichte Mass Effects zu tun hatte, zum anderen weil auch die Untersuchung der Planeten Teil einer Nebenmission war. Und zu guter letzt sprangen auch hier einige XP dabei heraus. Hatte man jedoch endlich den Planeten seiner Wahl gefunden, wurde man mit der Normandy in einer Art Panzer abgesetzt, dessen Antrieb so stark war dass er die meisten Steigungen mühelos bewältigte.
Die Steuerung dieses Mako erwies sich in der Praxis trotzdem leider als Geduldsprobe. Leider hatte dieses Fahrzeug die nervige Angewohnheit, selbst bei den kleinsten Unregelmäßigkeiten im Gestein sekundenlang außer Kontrolle zu geraten, und legte hin und wieder riesige Luftsprünge hin. Auf besonders felsigen Planeten konnte es daher eine echte Herausforderung sein, den Weg zur feindlichen Basis zu finden. Der Mako war außerdem mit einem MG Geschütz sowie einer großen Kanone ausgestattet, und sehr schnell bekam man ein Gefühl von Überlegenheit gegenüber den beispielsweise eher spärlichen Piraten, die es auszuräuchern galt. Hin und wieder konnte man jedoch auch in einen echten Hinterhalt mit einer Vielzahl von Gegnern geraten oder von einem riesigen Monster angegriffen werden, und in dem Fall konnten die Kämpfe schnell auch sehr knifflig werden, trotz der Fähigkeit, meterhohe Luftsprünge per Knopfdruck zu machen. Hatte man nach diversen Kämpfen im Mako endlich die gegnerische Basis erreicht wechselte das Spiel in den normalen Kampfesmodus, und im Regelfall galt es dann die Basis zu stürmen. Dies erwies sich auf Dauer leider als etwas eintönig, da sich (wie oben beschrieben) der Grundriss der Basen auf drei verschiedene Modelle beschränkte, jedoch wurde man wenigstens meistens mit einem mehr oder weniger interessanten Dialog oder einer spannenden Konfliktsituation belohnt.
Zum Glück mussten aber längst nicht alle Stationen mit Waffengewalt gestürmt werden da man hin und wieder auch durch gutes zureden in die Station gelassen wurde.
Abseits der Basen gab es auf den meisten Planeten außerdem noch Bergungsmissionen von Sonden oder Artefakten, dies erwies sich in den meisten Fällen leider eher als reine Item und XP Abstauberei und war nicht unbedingt interessant.
Was sich zu den Sidequests auf jeden Fall sagen lässt ist, dass sehr, sehr viele Waffen und Ausrüstungsgegenstände dabei abfielen, die bereits nach kurzer Zeit große Probleme bereiteten. Irgendwann wurde es Gang und Gäbe und zur echten Gewohnheit, nach jeder Nebenmission sein Inventar zu verkaufen, das Problem war jedoch dass nach einer gewissen Zeit kein Händler mehr attraktive Waffen im Angebot hatte, sodass man quasi auf seinem Geld sitzen blieb. So wäre mein dringender Apell, die Zahl der Waffen im nächsten Teil um ein vielfaches zu verringern, oder aber attraktivere Verwendungsmöglichkeiten für das Geld einzuführen.
Insgesamt hat mir persönlich die Erkundung der diversen Sternencluster und Erforschung sehr viel Spaß gemacht, da insbesondere durch die vielen unterschiedlichen Planeten und lokalen Besonderheiten echte Entdeckerfreude geweckt wurde. Trotzdem hoffe ich, dass die Missionen in Mass Effect 2 nicht auch nach dem selben Muster (und den selben Gebäude Grundriss Plänen) verlaufen sondern mehr Abwechslung enthalten.
Ansonsten gibt es zum Gameplay noch zu sagen, dass es ein wenig unter den technischen Mängeln und Programmierschlamperei gelitten hat. Zum einem bedingt durch eine häufig auftretende Ruckelei, zum anderen aber durch eine Vielzahl von nervenden Bugs, dank denen ich mindestens dreimal den Spielstand neu laden musste. Doch da ich ohnehin ein Mensch bin, der alle 5 Minuten seinen Spielstand speichert, konnte ich diese Umstände Gott sei dank mit Humor nehmen.
Story:
Kommen wir nun zum alles entscheidenen Kritikpunkt, mit dem jedes Rollenspiel steht oder fällt: Seiner Handlung.
Die Geschichte von Mass Effect spielt mehrere hundert Jahre in der Zukunft. Bei Bergungsmissionen auf dem Planeten Mars hat die Menschheit ein außeriridisches Artefakt gefunden, dank der ein Massenportal geborgen werden konnte, mit dem überlichtschnelles Reisen durch die Galaxis möglich wurde. Nur kurze Zeit später machte man die erste Begegnung mit außeriridschem Leben und erlebte den ersten Krieg mit diesem.
Jetzt, in der Gegenwart des Spiels, bemühen sich die Menschen einen Platz in einer Galaxis zu finden, die von mächtigen, feindlich gesinnten außerirdischen Völkern bewohnt ist. Alle Hoffnungen sind auf Commander Shepard gerichtet, der zum Amt als Spectre (einer Art interstellaren Geheimagenten) vorgeschlagen wurde was die Menschen sehr viel Näher an die außerirdische Gesellschaft heranbringen würde. Als auf Eden Prime, einer Menschenkolonie, ein uraltes Artefakt einer längst verstorbenen Zivilisation geborgen wird, wird Shepard zur Untersuchung entsandt die Gelegenheit, sich als würdig für den Posten als Spectre zu erweisen. Doch ausgerechnet diese Mission geht furchtbar schief, als die Geth, ein Volk künstlicher und grausamer Lebewesen, den Planeten angreifen, und Saren, eine Legende unter den Spectres, in Erscheinung tritt und sich als ihr Anführer erweist
Die Geschichte von Mass Effect wirkt auf den ersten Blick eher gewöhnlich und relativ schnörkellos. Eine Person (Shepard) wird dazu auserwählt, die ganze Galaxie vor ihrem Untergang zu retten. Das ist der Kern des ganzen, und abgesehen davon, dass sich Bioware allerlei guter Stilmittel bedient, um die Story spannend zu erzählen, gäbe es dazu eigentlich nicht mehr viel zu sagen. Die Geschichte enthält keine großen Überraschungen, zumindest keine, die man nicht erwartet hätte, und im Grunde stand schon relativ bald fest, was zu tun war.
Ist die Story deswegen nun als enttäuschend zu bezeichnen? Zum Glück nicht.
Was in diesem Spiel viel mehr zählt ist das ganze drum herum. Schon in den Anmerkungen zur Grafik habe ich darauf hingewiesen, dass das Dialogsystem des Spiels sehr gut gelungen ist, und dies ist in der Tat auch so und meiner Meinung nach das besondere dieses Spiels. Von anfang bis zum Ende wurde man mit mehr oder weniger schwerwiegenden Entscheidungen konfrontiert, die je nach Auswahl unterschiedlich bewertet und sich dementsprechend ausgwirkt haben. Direkt zu Beginn des Spiels beispielsweise stand man vor der Wahl, die Bestattung eines gefallenen Kameraden anzuordnen oder nicht, doch im späteren Verlauf gab es durchaus Situationen in denen man in einem echten Entscheidungsdilemma steckte (um die Spannung nicht zu verderben gehe ich auf diesen Punkt nicht näher ein).
Dieses Entscheidungssystem und die damit verknüpfte Dynamik erzeugten stellenweise einen sehr hohen Spaßfaktor in den Dialogen, zum Beispiel weil man bei vielen Passagen gerne wissen würde wie andere Antworten verlaufen wären, zum anderen fühlt man sich in die Geschichte des Spiels einfach sehr viel besser eingebunden.
Egal ob es nun um die Zusammenstellung einer kämpferischen Ansprache an die Crew, ein Interview mit einer Reporterin über das Thema Außerirdische oder aber um die Forderung nach einem Bestechungsobolus von einem kleinen Ganoven geht in vielen Beispielen funktionieren die Dialoge einfach glänzend. Je nachdem wie gut oder schlecht die Taten sind die man als Spielfigur begeht verändert sich außerdem die Einstellung der Mitmenschen gegenüber dieser. In meinem ersten Anlauf versuchte ich, zu allen Leuten nett zu sein, und prompt bekam ich die wohltuende Quittung, von allen bewundert zu werden.
Je nachdem, welche der 6 Teammitglieder man auf seine Reise zu den Storymissionen mitnimmt, änderte sich auch die Einstellung zu diesen. Mit der Zeit ließ sich von jeder Person die eine oder andere Information über ihr Leben erfahren, doch auch über Gott und die Welt ließen sich lange Gespräche führen.
Schade nur, dass diejenigen, mit denen man nichts unternahm, sehr schnell verstummten und sich auf keine vernünftige Diskussion mehr einließen. So kam es, das man von dem einem Charakter sehr viel erfuhr, von dem anderen dagegen überhaupt nichts. Als etwas lästig erwies sich auch, dass bereits angewählte Textpassagen zum Teil nicht verschwanden und sich Dialoge nicht abrechen ließen. So konnte es manchmal etwas frustrierend sein, wenn man aus Versehen einen bereits angehörten Dialog noch einmal anhören musste. Negativ aufgefallen ist auch, dass es zwischen manchen Auswahlmöglichkeiten keine großen Unterschiede gab, und dass man sehr schnell heraufand welche Antworten sich positiv und welche sich negativ auswirkten. Dafür ließen sich jedoch viele Situationen durch gutes Zureden gewaltfrei lösen, was einem stellenweise so manchen unnötigen Kampf ersparen konnte.
Nahm man eine weibliche Person der Crew Mitglieder mit auf die storyrelevanten Expeditionen, und redete man zwischen diesen immer wieder mit ihr, konnte sich zwischen Shepard und ihr eine echte Romanze entwickeln, die am Schluss sogar in einer Bettszene enden konnte. Hier erwies sich der Weg zum Ziel jedoch als weitaus spaßiger als das Endresultat, denn während die Dialoge nach einiger Zeit immer witziger wurden und in Diskussion über Poesie abdrifteten, war der eigentliche Liebesakt am Ende vergleichsweise langweilig und wenig erotisch. Hier hätte man sich durchaus noch mehr Mühe geben können.
Abseits der Dialoge gibt es noch zu sagen, dass Mass Effect jetzt schon ein sehr umfangreiches Universum enthält. Im Laufe des Spiels wird man immer wieder mit Informationen über diverse Völker und deren Geschichte konfrontiert, sodass man allein mit den Kodex, einer Art Lexikon, sehr viel Zeit verbringen kann, und ich könnte mir vorstellen dass die ein odere andere Begebenheit im nächsten Teil noch Erwähnung finden oder zumindest in Büchern erwähnt werden könnte.
Ein wenig schade ist, dass die Handlung des Spiels relativ kurz ist. Ich habe mich ca. 39 Stunden mit Mass Effect befasst, davon habe ich höchstens 20 Stunden mit der Story befasst, und der eigentliche Handlungskern lässt sich in nicht all zu vielen Sätzen zusammenfassen. Schade auch, dass es gerademal sechs storyrelevanten Planeten gab, von denen vier schon im Vorfeld bekannt waren. Man sieht dem Spiel letzendlich an, dass es nur der Auftakt zu einer Trilogie ist, und eben keine in sich geschlossene Geschichte hat.
Es bleibt abzuwarten, inwiefern Teil 2 und 3 nun an den Erstling anknüpfen werden, und ob die Geschichte als ganzes vielleicht doch noch ein paar Überraschungen parat hält.
Fazit: Mass Effect ist ein sehr gutes Spiel geworden, und durchaus als gelungener Start einer neuen Trilogie zu werten. Man darf jedoch nicht übersehen, dass das Spiel einige Schwächen hat, die das Gesamtbild leider ein wenig herunterziehen. Von dem zweiten Teil erwarte ich mir nicht mehr und nicht weniger als die Ausbügelung dieser Fehler sowie hoffentlich ein paar neuer, origineller Ideen. Dies wird sicherlich keine leichte Aufgabe, aber wenn Bioware sich genügend Zeit lässt könnte das durchaus funktionieren.
Grafik: 8/10
Sound: 9/10
Gameplay: 9/10
Steuerung: 8/10
Story: 9/10
Fazit: 8.6/10