4players.de Test: wie erwartet
Ein actionreiches, überaus ansehnliches Abenteuer mit klasse Charakteren, das als Shooter gut unterhält, den Rollenspieler enttäuscht BioWare geht in die falsche Richtung.
Wertung:
gut
82%
Pro
stimmungsvoller Einstieg
tolle Nebenstorys
großes, frei erkundbares Universum
ansehnliche Kulisse & Kleidung
lebendige Mimik & Gestik
sehr gute Multiple-Choice-Dialoge
klasse Licht-, Leucht- & Nebeleffekte
Entscheidungen mit Konsequenzen
markante Nebencharaktere
Dialog-Eingriffe in Echtzeit
pausierbare, actionreiche Gefechte
gutes Deckungssystem im Kampf
Teamkameraden einzeln positionierbar
Loyalität schaltet Fähigkeiten frei
Entwicklungen aus Mass Effect übertragbar
üppige Spielzeit: knapp 35 Stunden
intime Romanzen & Zickereien
Sonstiges
Waffen überhitzen
vier Schwierigkeitsgrade
viele gesprochene Lexikoneinträge
Waffenarsenal mit schweren Wummen
Download-Fahrzeug angekündigt
New Game plus freischaltbar (Charaktere/Level bleiben)
Universum nach Spielende weiter erforschen
hervorragende englische Sprachausgabe
komplett deutsche Lokalisierung
auf Englisch umschaltbar (PC)
Englischals Download angekündigt (360)
Kontra
Hauptstory & Finale schwach
Städte bleiben klein und steril
Gefechte laufen nach Schema F
einige unglaubwürdige Reaktionen
kaum klassische Rollenspiel- Quests
sinnloses Aufrüstung der Normandy
Klassen & Fähigkeiten nicht markant genug
zickige bis dumme Team- KI
langweiliges Planeten- Scannen
kein Fahrzeug zur Planetenerkundung
zwei eintönige Hacking- Minispiele
deutscher Shepard fehlbesetzt
kastrierte Karriere
Sonstiges
belangloses Nachtanken auf Weltraumkarte
kein komplexes Kampfverhalten zuweisbar
einige üble Grafikbugs (Clippings; Figuren schweben)
viele Lade- Unterbrechungen
bereits erteilte Antworten nicht ausgegraut/inaktiv
unterm Strich mäßige Lokalisierung
Fazit:
Das Problem von Mass Effect 2 ist nicht, dass es sich noch mehr wie ein Shooter anfühlt. Hey, es macht Spaß, einen Kampfroboter in die Luft zu schleudern, um ihn dann gleichzeitig zu brutzeln und zu atomisieren! Das Problem ist, dass sich diese Action erstens nicht so intensiv anfühlt wie in reinrassigen Waffenpornos - irgendwann regiert pausierbare Routine: Schild brechen, Gegner plätten, nächster bitte. Ich hatte da auf mehr Taktik gehofft. Aber noch wichtiger ist zweitens, dass das kein qualitativer Ersatz für den Wegfall einiger Rollenspielanteile sowie den fehlenden Fortschritt ist. BioWare hat sich mit diesem ansehnlichen Abenteuer zwar technisch, aber nicht inhaltlich entwickelt - die Städte bleiben klein und steril, die Bewohner lassen glaubwürdige Reaktionen vermissen, es fehlen echte Erkundungsreize, die Karriere wurde kastriert. Und der Anteil jener Missionen, in denen man kombinieren oder recherchieren muss, ist erschreckend gering. Hier hat man ein Ungleichgewicht im Spieldesign geschaffen, das die futuristische Odyssee als Rollenspiel entwertet. In den ersten fünf Stunden ist man noch neugierig, weil da noch ein Mysterium über dem Spiel schwebt - aber dann entpuppt sich vieles als Fassade: Die meisten Planeten bleiben schnöde Rohstofflieferanten, es gibt kein Fahrzeug mehr und die langwierige Aufwertung der Normandy ist quasi für die Katz. Natürlich geht es hier um Kritik auf hohem Niveau: Was man hinsichtlich der schauspielerischen Leistung erlebt, erreicht wie schon in Dragon Age virtuelles Theaterniveau - vor allem Subject Zero hat einen Oscar verdient. Dieses Spiel atmet immer noch die geniale Dialogluft, die hervorragende Charakterzeichnung und die Spannung der Entscheidung! Außerdem entführt es in ein riesiges Universum, das man knapp 35 Stunden frei bereisen kann. All das sorgt für richtig gute Unterhaltung, zumal einige der kleinen Geschichten um die Crewmitglieder grandios sind. Aber was bringt es dem Genre, wenn ein Entwickler, der wie kein anderer für Rollenspielqualität steht, jetzt auch demonstriert, dass er alles ganz hübsch in die Luft jagen und die Unreal Engine 3 ohne Ruckler und Pop-ups beherrschen kann? Das ist ja schön Aber das ist auch wie Perlen vor die Säue werfen. Ich will mehr intelligente Quests, nicht mehr schwere Superwaffen! Ich will lieber eine lebendige Stadt als 100 öde Planetenscans! Und erzählerisch scheinen die Kanadier mit diesem zweiten Teil noch mal kräftig Luft für das Finale holen zu wollen: Anders lässt sich die Vernachlässigung der Story nicht erklären. Nach dem Abspann von Mass Effect anno 2007 habe ich gedacht: Hey, das war cool! Nach dem Abspann anno 2010 denke ich: Hey, das war alles?