PS4 vs. Xbox One - das letzte Gefecht der Konsolen?
Die neuen Spielkonsolen von Sony und Microsoft sind voller Superlative. Die sollten aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Spielemarkt sich auf immer mehr Plattformen ausdehnt - und das Konsolengeschäft längst nicht mehr rentabel ist.
Lange Jahre mussten Gamer warten, nun ist es endlich so weit: Microsoft hat seine neue Konsole, die Xbox One, auf den Markt gebracht, Sony fast zeitgleich die Playstation 4 (PS4). Beide Geräte sind kleine Supercomputer für eine neue Ära hochauflösender, online-fähiger Computerspiele. Sie verfügen über ein Bluray-Laufwerk, Acht-Kern-CPUs, acht Gigabyte Arbeitsspeicher, ein halbes Terabyte Festplattenspeicher. Dazu kommen eine Kamera für die Gesichtserkennung der Spieler und die Möglichkeit einer Gestensteuerung. Doch bei allen Superlativen: Beide Geräte könnten den Anfang vom Ende der Konsolen markieren.
Sony und Microsoft müssen zwei Zielgruppen zugleich hofieren: die Verbraucher, die sie kaufen, und Entwickler, ohne deren Spiele die Konsolen ihre Fähigkeiten nicht entfalten können. Einige Entwickler glauben, dass die höhere Leistungsfähigkeit zu beeindruckenderen Spielen führen wird. „Es war wirklich nervig, detailreiche Spiele auf der letzten Konsolengeneration zum Laufen zu bringen“, sagt Steve Gaynor, der Bioshock 2 und preisgekrönte Gone Home mitentwickelt hat. „Die Teams mussten viel härter arbeiten, damit ihre Spiele so gut wie beabsichtigt aussahen. Jetzt haben sie mehr Zeit, sich um das eigentliche Spiel zu kümmern, und müssen nicht tüfteln, wie sie ihre Kreationen auf der Hardware zum Laufen bekommen.“
Zwar gehen beide Unternehmen höflich miteinander um, Microsoft gratulierte Sony per Tweet zur PS4. Aber in Wirklichkeit ist es ein erbitterter Kampf um einen Milliardenmarkt. Der wird vor allem in den Wohnzimmern der Welt ausgefochten. Der Wirtschaftsdienst Bloomberg spekulierte bereits, er könnte den Niedergang Hollywoods einläuten.
Computerspiele sind seit langem das ertragreichste Medium überhaupt. Bereits Anfang der Neunziger machte Nintendo einen größeren Profit als sämtliche US-Filmstudios zusammengenommen. 2012 erreichte der Spielemarkt einen Gesamtumsatz von 58 Milliarden Dollar – Spiele auf Smartphones, Tablet-Rechnern oder in sozialen Netzwerken noch nicht mitgerechnet. Sony hat seit 1994, dem Start der ersten Playstation, 350 Millionen Konsolen verkauft. Das entspricht ungefähr der Menge an iPods, die Apple im Laufe der Jahre verkauft hat.
Zum Siegeszug der Computerspiele hat auch die 100 Millionen Mal verkaufte Wii-Konsole von Nintendo beigetragen. Sie sprach gerade Menschen an, die sich nicht mit Spielen hatten anfreunden können, die per Tastendruck gespielt werden. Rechnet man noch Spiele für Smartphones und Tablet-Rechner hinzu, wird deutlich, dass sich die Nutzerbasis in den vergangenen Jahren drastisch erweitert hat.
Für die Konsolenhersteller sind das jedoch nur bedingt gute Nachrichten. Ein erheblicher Teil des Wachstums geht inzwischen in Download-Spiele vor allem für Mobilgeräte. Spiele von Rovio, der Firma hinter dem populären Angry Birds, wurden bereits 1,7 Milliarden mal heruntergeladen. Minecraft, ein anderer Topseller, brachte seinem Entwickler Markus Persson über 100 Millionen Dollar ein.
Das bedeutet: Die Konsolen konkurrieren nicht mehr nur miteinander, sondern zunehmend mit Smartphones und anderen Spieleplattformen. Internetfähige Fernseher – Smart TVs – dürften das Problem noch verschärfen, wenn deren Hersteller Spiele und Apps mitliefern. Apple wird nachgesagt, den Markt bald mit einem eigenen Smart TV aufzumischen. Der Spielevertrieb Steam will mit einer eigenen Konsole für Großbild-Fernseher, der Steambox, seinerseits das Wohnzimmer erobern.
Sony und Microsoft haben diese Bedrohung allerdings erkannt und bieten den Nutzern auf ihren Konsolen Zugang zu Videodiensten wie Netflix, Hulu, HBO, ESPN und anderen. Bei weiter wachsenden Bandbreiten ist damit zu rechnen, dass auch Streamingdienste für Computerspiele angeboten werden.
Sony hat sich hier bereits positioniert, indem es im vergangenen Jahr für 380 Millionen Dollar Gaikai aufkaufte, das einen solchen Dienst entwickelt hat. Der ist cloudbasiert und bereits in die PS4 integriert. Theoretisch könnte er aber auch ohne Konsole genutzt werden.
Denn Fakt ist: Jede neue Konsolen-Generation hat sich schlechter verkauft als die vorherige. Die Playstation 2 von Sony verkaufte noch 150 Millionen Stück, die PS3 nur noch 80 Millionen. Es deutet einiges daraufhin, dass Sony und Microsoft mit den Konsolen rote Zahlen schreiben.
All diese Entwicklungen interpretieren Experten dahingehend, dass Xbox One und PS4 die letzte echte Konsolengeneration sein könnte.
Ein weiteres Argument: Das Konsolengeschäft leidet längst an sinkenden Erträgen. „Mit jedem neuen Modell wird die gesteigerte Leistungsfähigkeit unwichtiger. Der Sprung von der ersten Playstation zur PS2 war riesig, der von der PS2 zur PS3 schon deutlich kleiner. Und jedes Mal verringern sich die Erträge weiter“, sagt Martin Hollis, der für die epochale Konsole Nintendo 64 das Spiel Goldeneye 007 schrieb. Hollis und viele andere aus der Branche erwarten, dass sich Gelegenheitsspieler von den Vorzügen der neuen Konsolen nicht beeindrucken lassen und bei ihren alten Geräten bleiben.
Eine Einschätzung, die Jack Tretton, Chef von Sony Computer Entertainment America, – natürlich – nicht teilen kann. Er glaubt, dass der traditionelle Konsolenmarkt weiter wächst, allen Cloud-Diensten zum Trotz. „Ich reite auf dieser Welle der ‚letzten Konsole’ seit, lassen Sie mich nachzählen, seit 27 Jahren“, sagt Tretton. Für ihn hat die Konsole immer ein Bedürfnis erfüllt: nämlich mit Freunden auf dem Sofa zu sitzen und gemeinsam auf einem großen Bildschirm Computerspiele zu spielen.
Die bisherigen Verkaufszahlen der PS4 scheinen Tretton recht zu geben. In den ersten 24 Stunden konnte Sony mehr als eine Million Konsolen absetzen. Zum Vergleich: Die beliebte Wii von Nintendo kam bei ihrem Verkaufsstart 2006 auf 600.000 Stück in acht Tagen. Der aktuelle Erfolg von Sony liegt sicherlich auch an einer verbesserten Logistik: Der Konzern hatte vorab eine Menge Playstations an die Händler ausgeliefert. Folglich war das Angebot größer als bei früheren Verkaufsstarts.
Das ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass die Auswahl an Spieleplattformen für die Verbraucher so groß ist wie nie zuvor. Die Frage ist nun, ob der Appetit auf Computerspiele mit dem Angebot wächst – und zwar so stark, dass für die traditionellen Konsolen noch genug vom Markt übrig bleibt.