Scheibenwelt und Theorie der Welten Phantastologie

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L16: Sensei
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13 Mai 2002
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Scheibenwelt ist wie immer genial. Therry Prachett ist einfach ein genie wie er so schreibt. Er hat klarerweise maßgeblich zu meiner Denkweise beigetragen. :D

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Götter und Dämonen sind Geschöpfe außerhalb der Zeit, und deshalb bewegen sie sich nicht darin wie Blasen in einem Fluß. Für sie passiert alles gleichzeitig. Man müßte daraus schließen, daß sie genau wissen, was geschehen wird, weil es in gewisser Weise schon zur Vergangenheit gehört. Doch das ist nicht so. Als Begründung mag hier folgendes angeführt werden: Die Realität stellt einen ziemlich großen Ort dar, und dem sich viel Interessantes abspielt, und das Bemühen, die Übersicht zu behalten, gleicht dem Umgang mit einem sehr großen Videorecorder ohne Bandzähler und Standbildtaste. Normalerweise ist es einfacher, abzuwarten und zuzusehen.
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Dämonen ähneln sich in vielerlei Hinsicht den Göttern. Der Unterschied ist mit dem zwischen Terroristen und Freiheitskämpfern zu vergleichen.
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Im Kosmos wimmelt es von Ignoranz, und die Wissenschaftler verhalten sich wie ein Goldsucher, der im Bach der Unwissenheit nach den Nuggets der Erkenntnis fischt. Gelegentlich findet er einen kleinen gelben Klumpen im Kies der Unvernunft und im Sand der Ungewißtheit, zwischen den haarigen, achtbeinigen und schwimmenden Dingen des Aberglaubens. In solchen Fällen richtet er sich auf und ruft z.B. "Hurra, ich habe Boyles Drittes Gesetz entdeckt!" Das Problem war aber, daß die Ignoranz immer mächtiger wurde, insbesondere die große, faszinierende Unwissenheit bezüglich überaus wichtiger Angelegenheiten wie Materie und Schöpfung. Die Leute hörten damit auf, voller Geduld Häuser aus den Ziegeln der Vernunft im Chaos des Universums zu bauen. Statt dessen zeigten sie immer mehr Interesse an dem allgemeinen Durcheinander. Dafür gab es mehrere Gründe, auch diesen: Es war einfacher als alles andere, zu einem Experten für das Chaos zu werden. Hinzu kam, daß es reizvolle Muster auf T-Shirts bildete. Die Wissenschaftler lehnten es plötzlich ab, sich mit richtiger Wissenschaft zu befassen (dabei geht es z.B. darum, dem verdammten Schmetterling zu finden, dessen Flügelschläge die vielen Stürme in letzter Zeit verursacht haben), wiesen statt dessen auf auf die Unmöglichkeit hin, alles zu wissen. Eigentlich gäbe es gar keine Realität, über die man mehr herausfinden könnte, und das mit der permanenten Unwirklichkeit sei sehr aufregend. Und wußten Sie, daß überall kleine Universen existieren, die wir nur nicht sehen können, weil sie in sich selbst gekrümmt sind? Übrigens, gefällt Ihnen dieses T-Shirt? - Im Vergleich dazu ist eine große Schildkröte mit einer Welt auf ihrem Rücken geradezu banal.
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Manche Leute glauben, einzelne Personen gäben Geschichten ihre Form. Das Gegenteil ist der Fall. Geschichten existieren unabhängig von ihren Erzählern beziehungsweise Hauptfiguren. Diese Erkenntnis gibt Macht. Geschichten ähneln großen, langen Gummibändern aus Raum-Zeit, und seit dem Beginn des Multiversums winden sie sich überall hin und her. Auch bei ihnen kam es zu einer Evolution, die dafür sorgte, daß Schwache starben und Starke überlebten. Die Starken sind durch häufiges Wiedererzählen dick und fett geworden . . . Ihre Existenz schafft ein ebenso subtiles wie dauerhaftes Muster im Chaos des Historischen. Geschichten kratzen Rillen und Furchen, tief genug, daß ihnen Leute folgen - auf die gleiche Weise fließt Wasser in bestimmten Bahnen über einen Berghang. Den Geschichten ist es gleich, wer an ihnen teilnimmt. Ihnen geht es nur darum, erzählt zu werden, sich zu wiederholen. Man kann es auch anders ausdrücken: Geschichten sind eine parasitäre Lebensform, die alles andere ihrem eigenen Zweck einverleibt.
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Jo so vertrete ich das auch. ^^
Ach ich mag das. Heidentum rulez more then alles andere auf der Welt. :D
Was meint ihr zu den Thesen?

/ajk
 
Wirklich genial. Ich hab echt hohen Respekt vor Leuten, die auf so witzige Weise einfache Verhältnisse, Umstände etc. beschreiben können. :)

Hier mein Best of (zumindestens von dem was ich bis jetzt gelesen habe):

Dann ballte sein Gedächtnis die Faust und rammte sie in die Magengrube des Gewissens.

Es war so, als werde man mit parfümierten Schnürsenkeln zu Tode geprügelt.

Sein Gesicht ähnelte einer Maske aus begeistertem Entsetzen. :D

Ein leise Wimmern drang ihm aus der Kehle, froh darüber, entkommen zu sein.

Beruf: Spezialist für Oxidationsprobleme nuklearer Reaktoren.
 
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