Rede des Vorsitzenden der Kommunistischen Partei Deutschlands, Dieter Rolle, zur Festveranstaltung in Berlin zum 90. Jahrestag der Novemberrevolution und Gründung der KPD
Liebe Genossinnen und Genossen, liebe Freunde und Mitstreiter,
wie von meinen Vorrednern bereits hervorgehoben, war unter anderem eines der wichtigsten Hauptergebnisse der Novemberrevolution in Deutschland die Gründung der revolutionären marxistischen Kampfpartei, der Kommunistischen Partei Deutschlands.
Ihr Gründungsparteitag vom 30. Dezember 1918 bis 1. Januar 1919 war nicht nur ein bedeutendes Ereignis in der Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, sondern für das ganze deutsche Volk. 90 Jahre Kommunistische Partei Deutschlands, das sind neun Jahrzehnte Kampf für die nationalen, politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Lebensinteressen des werktätigen Volkes, das mit der sozialistischen Deutschen Demokratischen Republik den ersten deutschen Arbeiter- und Bauernstaat hervorbrachte.
Eine der wichtigsten Lehren der Novemberrevolution bestand darin, daß die deutsche Arbeiterklasse noch immer nicht über eine revolutionäre Partei verfügte, was sich bitter rächte.
Die Spartakusgruppe schuf sich in dieser Situation ein Sprachrohr, ein Mittel, um den Revolutionären Richtung und Ziel weisen zu können und Kontakt zu den Massen zu halten; die revolutionäre Tageszeitung „Die Rote Fahne“. Hier wurde am 10. November 1918 ein Aufruf an die Arbeiter und Soldaten gerichtet mit dem Kampfprogramm zur Weiterführung der Revolution. Doch diese glaubten den Parolen der rechten SPD- und USPD-Führer, daß das Erreichte bereits die siegreiche sozialistische Revolution wäre. Die Novemberrevolution bestätigte die Feststellung in der Leninschen Revolutionstheorie, daß eine proletarische Revolution ohne die Führung durch eine kommunistische Partei nicht siegreich sein kann. Die deutsche Arbeiterklasse erlebte aber auch, welche Kraft sie besitzt, wenn sie gemeinsam für ein Ziel kämpft.
Die linken Kräfte in der USPD - Karl Liebknecht, Rosa Luxemburg, Wilhelm Pieck, Leo Jogiches und andere - gründeten am 11. November 1918 den Spartakusbund. Sie zogen damit Konsequenzen und bereiteten die Trennung von der USPD sowie die Gründung einer eigenständigen proletarischen, revolutionären, einer kommunistischen Partei vor.
Karl Liebknecht begründete diesen Schritt auf dem Gründungsparteitag am 30. Dezember 1918: „Wenn wir heute auseinandergehen, muß eine neue Partei gegründet sein, eine Partei, die im Gegensatz zu den scheinsozialistischen Parteien steht, zu denen auch die USPD zu rechnen ist; im Gegensatz zu den Parteien, die das Wort Sozialismus mißbrauchen, um die Massen zu verwirren und den herrschenden Klassen in die Hände zu arbeiten; eine Partei, die ein klares Programm hat; eine Partei, in der das Ziel und die Mittel zum Ziele gewählt sind mit klarer Entschlossenheit, mit einer Entschiedenheit, die nicht verwirrt werden kann, ... .“
Dem Referat Karl Liebknechts stimmte der Parteitag ohne weitere Diskussion zu und faßte am 30. Dezember 1918 den geschichtlich bedeutungsvollen Beschluß: „Unter Lösung seiner organisatorischen Beziehungen zur USPD konstituiert sich der Spartakusbund als selbständige proletarische Partei unter dem Namen: Kommunistische Partei Deutschlands (Spartakusbund).“
Am 31. Dezember 1918 begründete Rosa Luxemburg in ihrer Rede auf dem Parteitag das am 14. Dezember in der Roten Fahne veröffentlichte Programm des Spartakusbundes als Programm der neuen Partei. Sie erklärte: „Genossen, heute erleben wir den Moment, wo wir sagen können: wir sind wieder bei Marx, unter seinem Banner.“ Dieses Programm war die Fortsetzung des Kommunistischen Manifestes von 1848, des Eisenacher Programms der SDAP von 1869 und des Erfurter Programms der SPD von 1891 unter den neuen weltgeschichtlichen Bedingungen.
Der Parteitag bestätigte das Parteiprogramm und beschloß, die Rede Rosa Luxemburgs als Agitationsbroschüre herauszugeben. Am 1. Januar 1919 endete der Gründungsparteitag mit der Wahl der Zentrale. Die Kommunistische Partei Deutschlands war gegründet.
Die Gründung der KPD stärkte zwar die revolutionären Kräfte, aber den Ausgang der Novemberrevolution vermochte sie nicht mehr zu ändern. Die Hetze der Reaktion und der SPD-Führer wurde immer zügelloser. Die Konterrevolution marschierte. Am 15. Januar 1919 wurden Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht von der Noske-Soldateska verhaftet und heimtückisch ermordet.
Noch heute ehren jeweils Zehntausende im Januar die Begründer unserer kommunistischen Partei Deutschlands. So wird es auch erneut wieder am 11. Januar 2009, anläßlich des 90.Jahrestages der feigen Ermordung von Karl und Rosa, sein.
Liebe Freunde,
die Gründung der KPD war aber nicht nur ein überragendes nationales Ereignis. Sie war auch von großer internationaler Bedeutung. Die Kommunistische Partei Deutschlands war die erste kommunistische Partei, die nach der Großen Sozialistischen Oktoberrevolution 1917 in Rußland in einem entwickelten kapitalistischen Land entstand. Das Ziel der jungen Partei war es, den Weg in ein sozialistisches Deutschland freizukämpfen und so ihren Beitrag zur proletarischen Weltrevolution zu leisten.
Lenin würdigte die Gründung der KPD als Grundlage für die Gründung der Kommunistischen Internationale. Er schrieb in seinem „Brief an die Arbeiter Europas und Amerikas“ vom 21. Januar 1919: „Als der deutsche Spartakusbund ... den Namen ,Kommunistische Partei Deutschlands’ annahm, da war die Gründung einer wahrhaft proletarischen, wahrhaft internationalistischen, wahrhaft revolutionären III. Internationale, der Kommunistischen Internationale, Tatsache geworden.“
In den Klassenkämpfen der 20er Jahre, wir denken zum Beispiel an die Beseitigung des Kapp-Putsches, die revolutionären Kämpfe in den Jahren 1920 bis 1923, insbesondere auch den Hamburger Aufstand 1923, die breite Volksbewegung zur Fürstenenteignung 1925/26 bzw. gegen den Panzerkreuzerbau 1928, wuchs die KPD zu einer Massenpartei der Arbeiter, deren Interessen die KPD am konsequentesten verfocht. In den 30er Jahren stand der Kampf gegen Faschismus und Krieg, für eine breite antifaschistisch-demokratische Volksfront zum Sturz der Hitler-Diktatur im Mittelpunkt. Dem trugen zum Beispiel die 1930 beschlossene „Programmerklärung zur nationalen und sozialen Befreiung des deutschen Volkes“, die „antifaschistische Aktion“ 1932, die Brüsseler Konferenz im Oktober 1935 sowie die Berner Konferenz 1939 der KPD Rechnung. Im antifaschistischen Widerstand brachte unsere Partei die größten Opfer. Viele ihrer Mitglieder wurden von den Faschisten ermordet, unter ihnen der Vorsitzende der KPD, Genosse Ernst Thälmann.
Deutsche Kommunisten nahmen in den Internationalen Brigaden am Spanischen Bürgerkrieg zur Befreiung vom faschistischen Franco-Regime teil. Des weiteren nahmen Kommunisten an der Seite der Roten Armee sowie der anderen alliierten Streitkräfte am bewaffneten Kampf gegen die faschistischen Armeen teil, halfen mit bei der Zerschlagung des Faschismus in Deutschland und setzten sich an die Spitze des antifaschistisch-demokratischen Aufbaus.
Am 20. April 1946 vereinigten sich in der sowjetischen Besatzungszone in Deutschland die KPD und SPD und gründeten am 21. April 1946 die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands. An ihrer Seite kämpften auch die Kommunisten in Westdeutschland für die Schaffung einer einheitlichen Arbeiterpartei. Die wurde aber durch die westlichen Besatzungsmächte im Bunde mit den rechten Führern der Sozialdemokratie und den wieder erstarkenden imperialistischen Kräften unterbunden. In der BRD wurde die KPD 1956 verboten. Nach wie vor treten wir für die Aufhebung dieses Verbotes ein.
Der Zusammenschluß von KPD und SPD zur SED war eines der wichtigsten Ereignisse der politischen deutschen Arbeiterbewegung und die Voraussetzung für die Gründung der DDR am 7. Oktober 1949. Vor allem erfüllte sich ein in hundert Jahren gewachsener Traum der deutschen Arbeiterbewegung: Schluß mit der Ausbeutung, mit Krieg, mit Faschismus, Schluß mit der imperialistischen Herrschaft. Folgerichtige Resultate der damaligen Kämpfe gegen Imperialismus und Militarismus nach 1945 waren die demokratische Bodenreform, die Schul- und Justizreform, die Verwirklichung der Menschenrechte auf Arbeit, Wohnung, Gesundheit und Bildung. Damit wurden die Fundamente für den Weg zu einem Staat des Volkes, zu Frieden und gesellschaftlichem Fortschritt gelegt.
Dieser Staat des arbeitenden Volkes, der Arbeiterklasse und der Genossenschaftsbauern, aller Werktätigen, wurde in 40 Jahren das Werk von Millionen. Diese DDR war trotz aller Angriffe, trotz der Probleme und großen Fehler ein friedlicher, menschlicher, ein demokratischer, der Zukunft der Menschheit zugewandter sowie auch international angesehener und anerkannter Staat. Wenn man die historischen Leistungen der SED zugrunde legt, ist es eigentlich kein Wunder, daß sie von Beginn an wütenden Attacken ausgesetzt war.
Mögen die Herrschenden, ihre Ideologen und Pseudowissenschaftler noch so viel geifern über den „Unrechtsstaat“ DDR, wozu das Jahr 2009 erneut herhalten wird, es findet nicht nur ihre Delegitimierung statt, zu der bekanntlich bereits Herr Kinkel aufgerufen hatte, sondern eine tägliche gnadenlose Verteufelung. Als finsteres Unrechtsregime wird sie dargestellt. Schlimmer noch: Als eine Diktatur, die der faschistischen Barbarei gleicht, als ökonomische Müllhalde und geistiges Ödland.
Wir werden aber nicht vergessen und sprechen es als Wahrheit aus, wozu sich manche gar nicht mehr trauen, weil der Kotau vor den Herrschenden nicht tief genug sein kann, daß der Staat DDR vom Westen von Beginn seiner Existenz an mit allen Mitteln bekämpft worden ist. Das Arsenal umfaßte neben Alleinvertretungsanspruch durch die BRD in den Beziehungen von Staaten untereinander, Handelsembargo, wirtschaftliche Schädigung und Ausplünderung, politische Diskriminierung und Verleumdung, ideologische Verteufelung, Spionage, Sabotage, Terror und Anschläge auf das Volkseigentum sowie auf Personen. Auf allen Gebieten wurde Krieg gegen die DDR geführt.
Die Leistung der DDR bleibt, was sie in Wirklichkeit war. Die schwer erkämpften Ergebnisse und Errungenschaften wurden ausradiert, vernichtet und beseitigt, das ist ein Rückfall in schlimme imperialistische Zeiten.
Wir halten fest an unserem Bekenntnis, daß die Deutsche Demokratische Republik deshalb auch das Wertvollste und Beste war, was die revolutionäre deutsche Arbeiterbewegung bisher in ihrer Geschichte hervorgebracht hat.
Nachdem sich 1989 die SED/PDS vom Marxismus lossagte und in Ostdeutschland eine neue SPD gegründet wurde, gründete sich folgerichtig im Januar 1990 die Kommunistische Partei Deutschlands wieder.
Natürlich ist, wie das eigentlich schon seit Beginn der kommunistischen Bewegung der Fall war, auch in der jetzigen Zeit nicht zu übersehen, daß der Antikommunismus in dieser Gesellschaft zugenommen hat. Da ist eben ein Bestehen von kommunistischen Parteien ein Dorn im Auge. Der Gegner läßt dabei nichts unversucht. Deshalb kommen auch immer wieder Kräfte zum Wirken, die mit Gerüchten und Provokationen versuchen, Einfluß auf die Einheit und Geschlossenheit unserer Reihen zu nehmen, unsere Partei von innen heraus zu spalten.
Die Aussagen im Programm der KPD von 1918 sind heute im wieder erstarkten imperialistischen Deutschland von brennender Aktualität. Es gelten heute, so wie damals, die Worte Rosa Luxemburgs: „Sozialismus ist in dieser Stunde der einzige Rettungsanker der Menschheit. Über den zusammensinkenden Mauern der kapitalistischen Gesellschaft lodern wie ein feuriges Menetekel die Worte des Kommunistischen Manifestes: , Sozialismus oder Untergang in die Barbarei’.“ Auch die damaligen wirtschaftlichen Forderungen sind Forderungen, die die KPD in ihrem bedeutsamen Aufruf vom 11. Juni 1945, dem „Aktionsprogramm für den Kampf um dauerhaften Frieden, demokratische Rechte und soziale Sicherheit des deutschen Volkes“ vom April 2006 sowie in ihrem auf dem 25. Parteitag im April 2007 neu beschlossenen Programm fortschreibt und die den Kampf für die antiimperialistisch-demokratische Umwälzung beinhalten.
Dazu ist unser Aktionsprogramm auf kurz- und mittelfristig zu lösende Aufgaben gerichtet, die auf die Entwicklung einer antiimperialistisch-antifaschistischen Volksbewegung hinsteuern und damit verknüpft vorrangig die Herausbildung der Aktionseinheit der Arbeiterklasse und ihrer politischen Organisationen, gesellschaftlichen Zusammenschlüsse, Sozialverbände usw. zur Voraussetzung haben. Diesem Anliegen trug auch die Konferenz für Aktionseinheit am 17. Mai dieses Jahres Rechnung. Ohne die Bündelung dieser außerparlamentarischen Kräfte wird es nicht möglich sein, erfolgreich gegen die volksfeindliche, sozialreaktionäre und antidemokratische Politik der gegenwärtigen Regierungskoalition zu kämpfen.
Die KPD läßt sich in ihrer Politik davon leiten, was die deutsche und internationale Arbeiterbewegung in fast zwei Jahrhunderten ihrer Existenz erkannt hat: „Einigkeit macht stark“ oder anders ausgedrückt: „Das Trennende laßt beiseite stehen, das Einigende muß in den Vordergrund rücken.“ Im Kampf gegen Demokratie- und Sozialabbau wollen wir gemeinsam mit unseren Kampfgefährten in der DKP, der KPF sowie weiteren linken Kräften, die mit uns im Kampf um die Bildung einer Antiimperialistischen / antifaschistischen Volksbewegung übereinstimmen, alles dafür tun.
90 Jahre währt der Kampf der deutschen Kommunisten. Er ist geprägt durch glänzende Siege und bittere Niederlagen. Er umfaßt die Überwindung der Spaltung der Arbeiterklasse durch die Vereinigung von Kommunisten und Sozialdemokraten in der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands nach dem Sieg der Sowjetunion und ihrer Verbündeten über das faschistische Deutschland ebenso wie die Errichtung des ersten sozialistischen Staates auf deutschem Boden. Er umfaßt aber auch blutige und fürchterliche Niederlagen, wie die Errichtung der faschistischen Diktatur sowie den Sieg der Konterrevolution auf dem Gebiet der DDR und damit die Ausdehnung der monopolistischen Herrschaft wieder in ganz Deutschland.
Nach wie vor gilt jedoch Liebknechts Vermächtnis vom 15. Januar 1919:
„Jawohl! Geschlagen wurden die revolutionären Arbeiter Berlins! Niedergemetzelt an die 100 ihrer Besten! Aber es gibt Niederlagen, die Siege sind und Siege, verhängnisvoller als Niederlagen. ... Die Geschlagenen von heute werden die Sieger von morgen sein. Denn die Niederlage ist die Lehre für künftige Klassenkämpfe und -schlachten. ... Himmelhoch schlagen die Wogen der Ereignisse - wir sind es gewohnt, vom Gipfel in die Tiefe geschleudert zu werden. Aber unser Schiff zieht seinen geraden Kurs fest und stolz bis zum Sieg. Und ob wir dann noch leben werden, wenn es erreicht wird? Leben wird unser Programm; es wird die Welt der erlösten Menschheit beherrschen. Trotz alledem!“
Diese Siegeszuversicht wird uns auch in den kommenden Jahrzehnten begleiten.
Ernst Thälmann brachte in der „DRF“ vom 23. Oktober 1925 zum Ausdruck:
„Jubiläen sind für die Kommunisten und den klassenbewußten Teil des Proletariats nicht leere Gedenktage, sondern Richtlinien für den Klassenkampf, Leitfäden für die Aktion.“
Laßt uns in diesem Sinne viele gemeinsame Aktionen organisieren.
Die Kommunistische Partei Deutschlands ruft alle kommunistischen Parteien, Linkskräfte und Sympathisanten auf:
Erweisen wir uns als würdig, das Erbe von Karl Liebknecht, Rosa Luxemburg und Ernst Thälmann zu bewahren, indem wir unser Bekenntnis zur Aktionseinheit der Arbeiterklasse bekräftigen und den Worten Taten folgen lassen!