Damon: Das Fernsehen liegt im Sterben
vom 12.11.07 um 18:14 Uhr
Gestern hat Damon Lindelof für die New York Times einen erschreckenden Artikel verfasst, in dem er über das Aussterben des Fernsehens spricht. Darin gab er auch seine ausführliche Meinung zum Streik ab.
Zu Beginn des Artikels spricht Damon von TiVo-Festplattenrekordern, die in Amerika das Fernsehen (für die Zuschauer) revolutioniert haben. Damit ist es egal, ob man Zeit für eine Serie hat: Man nimmt sie auf und sieht sie wann und wie man will an. Auch neue Medien wie das Internet folgen diesem Muster- und genau darin liegt das Problem.
Hier seine Worte:
Veränderungen bringen immer Angst mit sich, aber es gabe eine Zeit, in der ich dachte, dass der Tod unseres geliebten Fernsehens alle betroffenen vereinen würde- die Schauspieler, die Studios, die kreativen Köpfe und die Leute im Anzug. Wir haben alle Angst, und wir alle sollten gemeinsam Angst haben. Stattdessen hat sich eine große Schlucht zwischen uns aufgetan.
The Writers Guild of America (deren stolzes Mitglied ich bin) befindet sich im Streik. Ich hab die letzte Woche protestierend vor den Walt Disney Studios, meinem Arbeitgeber, verbracht, wo ich Slogans aufsagte und den Bürgersteig auf- und abmarschierte.
Der Beweggrund für diesen drastischen Akt und ein Streik ist wirklich drastisch, das wird mir jeden Tag mehr bewusst ist unser Wunsch, an den Umsätzen aus dem Internet beteiligt zu werden. Das ist nichts Neues: Seit über fünfzig Jahren bekommen Autoren ihren Anteil, wenn ihre Serien oder Filme in irgendeiner Art weiterverwendet werden; Wenn etwas nochmal gezeigt oder auf DVD ausgestrahlt wird, erhalten wir einen Anteil. Aber die Studios weigern sich, die selben Regeln für das Internet anzuwenden.
Meine Serie LOST wurde Hunderte Million Male gestreamed seit es online bei ABC verfügbar ist. Die Zuschauer müssen sich zuerst eine kurze Werbung ansehen, und die bringt den Sendern offensichtlich Geld ein. Die Autoren bekommen aber gar nichts. Auch bei iTunes sind wir ein großer Hit (wo eine Folge rund zwei Dollar kostet). Und wieder: Nichts für uns.
Wenn der Streik länger als drei Monate dauert, geht eine gesamte TV-Staffel im Dezember zuende. Keine Dramaserien. Keine Komödien. Keine "Daily Show". Der Streik wird auch verhindern, dass im Frühling neue Serienpiloten gedreht werden, also sogar wenn der Streik bis dorthin beendet ist, werdet ihr keine neuen Serien vor dem darauffolgenden Januar sehen. Also 2009. In diesem Punkt sind sich die Studios und die Autoren einig: Diese Situation wäre brutal.
Ich werde vermutlich irgendwann verschleppt und feierlich verbrannt, wenn die Fans von LOST noch ein weiteres Jahr auf eine Fortsetzung warten müssen. Und wer könnte ihnen das vorwerfen? Momentan scheint die Mehrheit auf der Seite der Autoren zu stehen, aber wenn die Zuschauer länger als einen Monat mit "America's Next Hottest Cop" und "Celebrity Eating Contest" kämpfen müssen, dann bezweifle ich kaum, dass sich die Menge gegen uns stellen wird. Was mich zum nächsten Stadium von Trauer bringt: Wut.
Ich bin wütend, dass mir Studios, die gierig sind, unterstellen, gierig zu sein. Ich bin wütend, weil meine Gier gerechtfertigt ist: Wenn mit meinen Produkten Geld über das Internet verdient wird, dann sollte ich einen Anteil daran bekommen. Die Gier der Studios wird hingegen hinter der zynischen, unaufrichtigen Behauptung versteckt gehalten, dass sie über das Internet nichts verdienen Das Streamen unserer Serien diene rein "Promotion-Zwecken". Ernsthaft?
Die meiste Wut empfinde ich aber, weil ich nicht arbeiten kann. Keine Arbeit bedeutet: Kein Geld. Mein wöchentliches Einkommen ist merklich höher als dieser Anteil, um den wir kämpfen. Und wenn ich drei Monate lang streike, dann werde ich die dadurch entstandenen Verluste nie wieder einnehmen, egal wie die neuen Verträge aussehen.
Aber ich bin gewillt, wesentlich länger als drei Monate zu streiken, denn hier geht es um die Zukunft aller Autoren. Jener Autoren, deren Formate nie "gesendet" werden, sondern gestreamt, gebeamt oder auf irgendeinen kleinen Chip gezappt werden.
Die Sache sieht übel aus, denn die Kommunikation zwischen Studios und Autoren ist abgebrochen. Aber vielleicht ist es noch nicht zu spät, dass sich beide Seiten auf die Sache konzentrieren, die sie beide wollen: Es soll wieder so sein wie früher. Statt uns gegenseitig zu bekämpfen, sollten wir zusammen für unser geliebtes Fernsehen arbeiten.
