Sehr geehrte Damen und Herren,
im Auftrag von Herrn Ministerpräsident Dr. Edmund Stoiber bedanken wir uns für Ihre E-Mail vom 29.09.2006, in der Sie sich gegen die Neuregelung der Gebührenpflicht für internetfähige Rechner zum 1. Januar 2007 wenden.
Anders als ein Radio oder ein Fernseher wird das Mehrzweckgerät PC nicht primär zum Hören oder Sehen von Rundfunkdarbietungen angeschafft. Deshalb sieht der seit April 2005 geltende Rundfunkgebührenstaatvertrag für PCs und Handys eine umfassende Zweitgerätebefreiung vor:
· Im privaten Bereich lösen Zweitgeräte keine eigenständige Gebührenpflicht aus, d.h. internetfähige PCs sind frei, wenn bereits für ein Radio oder einen Fernseher Gebühren gezahlt werden.
· Im nicht-privaten Bereich gilt, dass keine Gebührenpflicht für neuartige Rundfunkempfangsgeräte (also einen oder mehrere PCs) entsteht, wenn auch nur ein einziges, gemeldetes Radio (zum Beispiel ein Autoradio in einem Pkw, der dem Betrieb zuzuordnen ist) oder ein einziger, gemeldeter Fernseher vorhanden sind.
· Lediglich wenn es weder Radio noch Fernseher gibt, greift die Regelung, dass für den ersten PC, der auch Rundfunk empfangen kann, eine Rundfunkgebühr zu zahlen ist; jeder weitere PC ist aber gebührenfrei.
Inzwischen haben die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten den Ländern mitgeteilt, dass sie ihre Gebühreneinzugszentralen anweisen werden, für einen tatsächlich gebührenpflichtigen PC allenfalls eine Grundgebühr von 5,52 zu erheben.
Da heute kaum mehr ein Betrieb vorstellbar ist, in dem nicht bereits ein stationäres Radio- oder Fernsehgerät - und sei es ein betrieblich genutztes Auto mit Radio - vorhanden ist, wird durch die neue Zweitgerätebefreiung für neuartige Empfangsgeräte weitgehend gesichert, dass für PCs und Handys keine Gebührenpflichten entstehen.
Jeder Bürger, der ein Rundfunkgerät vorhält, zahlt seine Rundfunk- oder Fernsehgebühr unabhängig von seinen Hör- oder Sehgewohnheiten. Das Bundesverfassungsgericht hat diese Ausgestaltung wiederholt geprüft und als gerechtfertigt angesehen. Indem die Gebührenpflicht allein an das Bereithalten eines empfangstauglichen Gerätes anknüpft, wird der öffentlich-rechtliche Rundfunk unabhängig von Einschaltquoten. Er ist dadurch in der Lage, die verfassungsrechtlich geforderte Grundversorgung zu erbringen. Mit dieser breiten Finanzierungsbasis bleibt die Gebührenhöhe für alle in einem erträglichen Rahmen.
Durch die Entwicklung neuer Angebote, die im Internet abrufbar sind, wird automatisch die Gebührenpflicht ausgelöst, wenn der PC mit entsprechender Internettechnik ein empfangstaugliches Gerät darstellt. In den letzten Jahren haben die Rundfunkanstalten diese neuen Angebote entwickelt zahlreiche Radio- und einzelne Fernsehprogramme sind erhältlich. Die moderne V-DSL-Technik ermöglicht demnächst umfassend Fernsehen via Telefonkabel neben Telefon- und Internetdiensten.
Das Bundesverfassungsgericht stellt diese technische Fortentwicklung ausdrücklich unter den Schutz der Rundfunkfreiheit aus Artikel 5 Grundgesetz. Eine Verschlüsselung der Sendungen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks wäre damit nicht vereinbar: Wesensmerkmal der dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk aufgetragenen Grundversorgung ist die freie Empfangbarkeit ohne erheblichen wirtschaftlichen oder technischen Aufwand.
Die Rundfunkkommission der Länder wird sich mit der Frage einer Reform des Gebührenrechts erneut beschäftigen. Die Interessen der Rundfunkanstalten sind mit denen der Unternehmen und der Verbraucher zum gerechten Ausgleich zu bringen. Bei der wiederholt gehörten Forderung nach Einführung einer Haushalts- und Betriebstättenabgabe mit Verzicht auf einen Bezug zum Empfangsgerät ist zu bedenken, dass dann sogar Bürger und Unternehmen ohne PC zahlen müssten.
Mit freundlichen Grüßen
Ihre Servicestelle
der Bayerischen Staatsregierung