Das Thema
Maskottchen ist schwieriger zu erfassen als "Heutzutage braucht man das nicht mehr" und "Maskottchen dienen nur der Ausschlachtung".
Maskottchen sind Spiegelbilder dessen, was eine Firma sein will. Sie sind ein wichtiges Instrument der Marketingabteilung, ein Bindeglied zwischen Firma und Kunde. Ein Maskottchen hilft nicht nur bei der Assoziation (die je nach Bekanntheitsgrad ganz unbewusst ablaufen kann), sondern kann im Optimalfall sogar eine Identifikation des Kunden mit dem Erscheinungsbild des Maskottchens (Aussehen, Charakterzüge, Umfeld, soziales und gesellschaftliches Gefüge) und damit mit der Firma selbst bedeuten.
Einen "Mario" zu haben, der viele der genannten Vorteile verkörpert, ist ein Mehrwert, den keine Firma dieser Welt ablehnen würde. Könnte Nintendo
Mario verkaufen, dann würde sein Marktwert vermutlich sehr hoch ausfallen. Mario ist ein einfacher Mensch mit Familie und Freunden, einer minimal und vor allem in kindgerechtem Maße sexuell angehauchten Bindung und einem einzigen klassischen Erzfeind, der in einer frei gestaltbaren Märchenwelt mit vielen verschiedenen Fantasiefiguren lebt. Hier erlebt der reale und alltagstaugliche Familienmensch Abenteuer in fernen Welten. Ein Gesamtkonstrukt, in das man sich bereits als sehr junger Spieler verlieben kann. Doch auch ältere Semester brauchen hin und wieder eine Welt, in die sie - als normaler "Mario" - eintauchen können. Ein Prozess, der von früher Kindheit an bis ins hohe Alter bestand haben kann.
Bildet man all diese Eigenschaften nun auf die Sackboys ab, so hat Sony mit seiner neuen Franchise die bisher besten Chancen. Der
Sackboy ist frei gestaltbar, kinderfreundlich (die Bindung kann bereits in der wichtigsten Zeit, der Kindheit, erfolgen), erlebt zahlreiche verschiedene Abenteuer und hat auf den Sony-Systemen kaum Konkurrenz. Allerdings könnten die große Varianz in Aussehen und Leveldesign, das fehlende soziale Umfeld sowie das grundlegende Erscheinungsbild (das Unmenschliche) ein Problem sein. Ganz zu schweigen von seinem Namen, der nicht neutral und dadurch frei interpretierbar daher kommt, sondern für sein Aussehen steht. Auch ein Donald oder Micky sind mehr Mensch als Ente/Maus, denn sie haben und tun all das, was normale Menschen tun. Ihre Reaktionen und Mimiken sind menschlich, ihr Umfeld ist menschlich, ihre ganze Welt ist menschlich. Und sie heißen nicht "Mausboy" oder "Entenfuß".
Auch der
Master Chief hat so seine Probleme als XBox-Maskottchen. Seine Person ist nicht kindgerecht, er steht für harte Action (kaum in einem anderen Genre einsetzbar), er hat kein soziales Umfeld, keine Freunde und lebt in keiner definierbaren Gesellschaft. Er hat nicht einmal ein Gesicht mit dem man sich irgendwie identifizieren kann. Er steht in erster Linie für sein Spiel "Halo". Nicht mehr, aber auch nicht weniger (denn es ist bereits als Erfolg einzustufen, wenn man eine Spielfigur fest mit einem Spiel verbinden kann).
Was eine Firma letztendlich aus oder mit ihrem Maskottchen macht ist wieder ein ganz anderer Schuh. Ist ein Maskottchen erst etabliert, muss man eigentlich nur noch dafür sorgen, dass es bekannt bleibt. Ob die Massengames von Nintendo der richtige Weg sind sei einmal dahin gestellt. Ich persönlich sehe das eher kritisch und könnte auf einen Großteil dieser Spiele verzichten. Auf Mario's Maskottchen-Funktion scheint es sich aber nicht negativ auszuwirken.
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