Von Männern und Murmlern

P4inkiller

L13: Maniac
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8 Okt 2001
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Als ich in der dritten Klasse war, haben wir in der großen Pause auf dem Schulhof immer Murmeln gespielt. Das gestaltete sich so, dass wir eine kleine Absenkung von ca. fünf Zentimetern Tiefe in die Erde mit den Händen gruben und den Rand schön ordentlich glätteten, damit die Murmeln reinrollen konnten. Wer am besten traf, sackte alle Murmeln ein. Mann, hatte ich schöne Murmeln! Kleine glitzernde, große gläserne, Perlen, Bucker...

Aber das Spiel wurde schnell zum Krieg. Schnell beschuldigte der vermeintliche Verlierer den Anderen, er hätte „angehoben“, vorgetäuscht, oder den Erdboden manipuliert. Es war immer ein Stöckchen im Weg, eine Kuhle im Boden, ein Windstoss zur falschen Zeit.

„Ich hab gewonnen!“. „Nein, hast du nicht!“. „Doch, hab ich! Die Kugel liegt genau in der Mitte!“ „Ich hab aber nicht gesagt, dass ich diese Runde mitspiele!“ „Doch hast du!“ „Nein, hab ich nicht!“ „Wohl!“ „Mein Buker ist mindestens vier mal so viel Wert, wie deiner! Den geb’ ich nicht her!“

In etwa ab dieser Stelle fingen die meisten Jungs an, sich zu kloppen. Oder Plan B: der schnellere von beiden schnappte sich alle Murmeln und suchte Schutz bei der Pausenaufsicht. Letzten Endes waren die besten Murmler bei uns auf dem Schulhof diejenigen, die entweder am ehesten zuschlugen oder am schnellsten mit vollen Taschen rennen konnten.

Heute hat das „Murmel-Syndrom“ das Internet erobert und internationale Dimensionen angenommen. Wenn Quake wie Poker ist und Unreal wie Rummy, dann ist Counter-Strike wie Murmeln. Nirgends sonst finden sich so viele Kinder ein, wie in dieser Szene. Nur rollt diesmal keine Kugel, nein, es hagelt.


„Wir haben gewonnen!“ „Nein, habt ihr nicht!“ „Wohl!“ „Wir haben zehn Sekunden später angefangen, die letzte Runde zählt nicht!“ „Doch!“ „Player X hat ASUS Treiber! Der hätte mich sonst nie hinter der Wand gesehen!“ „Der hat doch keine Asus Grafikkarte!“ „Wohl!“

Richtig kloppen ist hier leider nicht möglich aber wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Das sieht dann ungefähr so aus, dass eines der beiden Clans (möglichst noch vor Spielende) plötzlich vom Server disconnected und in allen anerkannten Szeneforen den Gegner als Cheater bezeichnet.

Was damals Stock, Stein, Wind, Anheben und Vortäuschen war, heißt jetzt Wallhack, Asus Treiber, Leuchtskin und Headshot script. „Cheater“ zu schreien, wie auch Cheater zu sein, gehört zum guten Ton. Wer keine Chance auf einen ehrlichen Sieg hat, der verlässt eben vorzeitig den Server und rennt mit allen Murmeln davon.

Wer dann auch noch anfängt, sich „Pro Gaming“ auf die Fahne zu schreiben, wirkt so überzeugend, wie Oli P. als Original Gangster. Counter-Strike ist der Sandkasten der Gaming Szene. Clans halten nicht länger als eine „große Pause“ durch, bevor sie fusionieren, sich splitten, sich umbenennen oder auflösen. Einzelspieler verweisen lieber auf das angebliche Cheaten des Gegners anstatt sich selber einzugestehen, dass man einfach nichts auf dem Kasten hat. Flatrates verleihen dem Internet die Aura eines Tamagotschis. „Jeder kann ins Internet!“. Mit den Flatrates kamen sofort die Flatheads. Ein Glück, dass sie abgeschafft werden.

So. Genug für Heute. Hab’ ne Verabredung mit ´nem Kumpel. (Murmeln spielen und so ...)

8-)
 
korrekt mein freund korrekt.......
so gehts ungefähr zu, du spiegelst sogar die gefühle der loser nämlich wut, ärger und hass. Aber nicht auf die gegner sondern auf ihre eigene unfähigkeit. :)
 
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