Na wer sags denn .....
Freitag, 15. August 2003
Legende von der Kuschelnacht
Erst Blackout dann Babyboom?
"Blackout", der totale Stromausfall. Im Nordwesten der USA geht nichts mehr. Jedenfalls im öffentlichen Verkehr. Der private hingegen könnte jetzt erst richtig in Bewegung kommen. Das zumindest besagt einer der ausdauerndsten Mythen der letzten Jahrzehnte. Die Formel lautet: Gehen die Lichter aus, springen Männlein und Weiblein fröhlich in die Kiste. Und: Neun Monate später ist er dann da, der "Babyboom".
Legendär sind die Geschichten um die beiden amerikanischen Blackouts von 1965 und 1977. Am Abend des 9. November 1965 fiel zum erstenmal der Strom im gesamten Nordosten der USA und weiten Teilen Kanadas aus. 30 Millionen Menschen saßen im Dunkeln. U-Bahnen hingen in Tunneln fest, Menschen steckten in Aufzügen. Soweit die Fakten.
Eine vermeintlich einleuchtende Erklärung
Neun Monate später berichteten die Medien von Kreißsälen, in denen es drei Mal so viele Geburten gegeben haben soll wie normal. Der Mythos Babyboom war geboren und eine vermeintlich einleuchtende Erklärung gleich hintendrein als Nachgeburt gewissermaßen: Die Ausnahmesituation habe die Menschen einander schneller näher gebracht. Ohne Licht und Fernsehen, hätten die Betroffenen den kurzweiligen Spaß an- und miteinander wiederentdeckt.
Doch von Anfang an zweifelten Statistiker an dem plötzlichen landesweiten Kindersegen.. Derartige Ausreißer in einzelnen Kliniken seien völlig normal. Und: Messbare Abweichungen bei den Geburtenraten habe es nicht gegeben.
Auch vom aktuellen Fall erwartet der Wissenschaftler Dr. Jürgen Dorbritz keine Auswirkungen. "Wenn überhaupt, dann gibt es in so einer Situation ein paar wenige Unfälle", sagt der Mitarbeiter des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung. Die Situation in den Kreißsälen werde in neun Monaten völlig normal sein. Im Grunde gibt es überhaupt kein Ereignis, das die Geburtenzahlen nach oben treiben könnte, konstatiert Dorbritz. "In Ländern in denen ein ausgeprägter Individualismus vorherrscht, wo der Wille ausgeprägt ist, keine Kinder zu haben, kann passieren was will. Die Geburtenzahlen werden nicht nach oben gehen."
Kurzfristig den Strom abzustellen sei also auch hierzulande nicht der Weg aus der schlechten demografischen Situation.
http://www.n-tv.de/3178399.html