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- 17 März 2005
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...und das dritte Reich. Das soll das Thema sein, mit dem ich mich in meinem Beitrag kurz befassen möchte. Aber es gibt da sicher noch ne Menge anderer Zusammenhänge, die man mit unserer Medienlandschaft knüpfen kann, daher die drei Pünktchen im Threadtitel und eine liebe Bitte an euch, die drei Punkte thematisch anderweitig fortzusetzen.
Sicher haben es schon die meisten ganz beiläufig mitbekommen, es geht um den Auftritt von Eva Herman bei Kerner, der mich zu der Frage veranlasst: wie ist es um unsere Medienlandschaft heute bestellt?
Eva Herrmann sollte bei Kerner die Chance erhalten, ihre Position zum Thema: Familienwerte erneut zu beziehen und zu ihren von der Presse als skandalös gescholtenen Äußerungen zu der NS-Zeit Stellung zu nehmen (ihre Äußerung hat sie den Job beim NDR gekostet; gegen die Kündigung des öffentlich-rechtlichen Senders hat Frau Herrmann ein Rechtsverfahren eingeleitet).
Sehr interessant und wie ich finde signifikant für den Zustand unserer Medienlandschaft ist die Gesprächsrunde schließlich verlaufen. Als weitere Gäste waren von Kerner Margarethe Schreinemakers, Mario Barth, Senta Berger und der Berliner Historiker Prof. Dr. Wolfgang Wippermann eingeladen worden. Dabei zeigte sich schon bald, daß Frau Herman sich weniger in einer Gesprächsrunde als vielmehr vor einem Tribunal zu verantworten hatte. Dementsprechend suggestiv stellte Kerner Frau Herrmann in der Runde vor, "die sich ein wenig verharmlosend über die Familienpolitik im dritten Reich geäußert hat" - eine Suggestion, die Eva Herman im Verlauf der Sendung geradezurücken versuchte.
Über 50min warfen die anderen Gesprächsteilnehmer Eva vor, bei ihren Äußerungen zu den Familienwerten unzulässige Zusammenhänge zur NS-Zeit aufgestellt zu haben. Der Berliner Historiker skizzierte gleich zu Beginn der Sendung ein paar Minuten die Situation der Frau in der NS-Zeit, um dann auf die Frage, was er von Hermans Äußerungen zu den Familienwerten denn halte, zu entgegnen, daß er diese ablehne, weil sie den Konservatismus mit dem Faschismus verwechselten und Frau Herman vllt konservative Familienwerte gemeint habe, aber sich so mißverständlich geäußert habe, daß sie bei faschistischen Familienwerten schließlich gelandet sei.
Eva bedankte sich schließlich zynisch für die paar Minuten Geschichtsunterricht vom Herrn Prof. und distanzierte sich noch einmal in aller Deutlichkeit vom Faschismus in allen Formen, betonte auch, daß sie nicht die Familienwerte des Faschismus rühme, die pervertiert und politisch instrumentalisiert worden seien, sondern die traditionellen Familienwerte, die schon vor der NS-Zeit existiert hatten, ehe sie von den Nazis mißbraucht wurden.
So weit so gut oder schlecht, denn irgendwie schien die Gesprächsrunde nicht wirklich zu bemerken, daß sich Frau Herman schon lange vom Rechtsradikalismus, Faschismus und Nationalsozialismus energisch distanziert hatte. Statt dessen pocherte Kerner immer wieder auf Hermans einen Satz herum, der bei ihrer Buchvorstellung (Das Eva-Prinzip) gefallen ist und sie ihren Job beim NDR kostete, der wie folgt lautet:
Und wir müssen vor allem das Bild der Mutter in Deutschland auch wieder wertschätzen lernen, das leider ja mit dem Nationalsozialismus und der darauf folgenden 68er Bewegung abgeschafft wurde. Mit den 68er wurde damals praktisch alles das alles, was wir an Werten hatten, es war ne grausame Zeit, das war ein völlig durchgeknallter, hochgefährlicher Politiker, der das deutsche Volk ins Verderben geführt hat, das wissen wir alle, aber es ist damals eben auch das, was gut war, und das sind Werte, das sind Kinder, das sind Mütter, das sind Familien, das ist Zusammenhalt - das wurde abgeschafft. Es durfte nichts mehr stehen bleiben .
Ob Frau Herman diesen Satz, der zugegeben doch ziemlich verworren klingt und sicher Mißverständnisse hervorrufen kann, zudem auf seine inhaltiche Korrektheit in Frage gestellt werden kann, nochmals so formulieren würde, lautete fortan Kerners Fragestellung. Was blieb Frau Herman da anderes übrig als sich uneingeschränkt hinter ihren Satz zu stellen angesichts eines schwebenden Gerichtsverfahrens, in dem sie eine Annulierung ihrer Kündigung durch den NDR anstrebt? Das mußte dem Zuschauer eigentlich relativ klar sein. Auch dem Moderator und den Teilnehmern der Gesprächsrunde. Aber das Tribunal ließ einfach nicht locker und suchte Frau Herman immer wieder in die braune Ecke zu drängen, völlig überflüssiger Weise aber, da diese sich schon klar und deutlich vom dritten Reich in aller Form distanziert hatte.
Schließlich kamen auch Senta Berger und Margarethe Schreinemakers zu Wort, die sich wie zickige Hühner aufführten und meinten, Frau Herman belehren zu müssen: das ginge schon gar nicht, beim Thema Familie auf die NS-Zeit zu verweisen. Wieso eigentlich? Aber egal! Frau Berger machte dann einen kleinen Exkurs zu den Errungenschaften der 68er-Bewegung, die endlich eine Gleichstellung der Frau gegenüber dem Mann herbeigeführt habe, weshalb sie gar nicht verstehen könne, daß Frau Herman diese Bewegung für den Verfall der Familienwerte verantwortlich macht - ein sicherlich verständlicher Standpunkt und wenigstens inhaltlich gewichtig.
Frau Schreinemakers dagegen spielte sich zur Aufseherin Frau Herrmanns auf, die der vor dem Medien-Tribunal sich zu Verantwortende ständig suggerierte, was sie sagen dürfe und was gar nicht gesagt werden dürfe ("was du da sagst, geht ja mal gar nicht").
Peinlich wurde es dann fast schon, als Frau Herrmann in ihrer Kritik an der Presse von Gleichschaltung der Medien sprach und der Berliner Historiker leicht entrüstet bemerkte, daß dieser Begriff der Gleichschaltung aus der NS-Zeit komme und er deshalb von Frau Herman nicht verwendet werden dürfe - als ob das Wort nun aus unserem Wortschatz verbannt worden wäre. Frau Herman entgegnete dazu, daß man dann auch nicht mehr über Autobahnen sprechen dürfte, die ja in der Nazi-Zeit gebaut worden waren, woraufhin Aufseherin Schreinemakers völlig in die Luft ging und Kerner süffisant anmerkte: "also Autobahn geht gar nicht!"
Spätestens hier gewann ich als Zuschauer einen traurigen Eindruck davon, wie es um die freie Meinungsäußerung in den Medien bestellt ist bzw. bestellt sein kann, spätestens dann, wenn die elende Vergangenheit des Nazi-Deutschland tangiert wird und sich um eine differenzierte Anschauung und keine Schwarz-Weiß-Malerei bemüht wird.
Schließlich waren Frau Berger und Schreinemakers nach eigenem Bekunden so angewidert von Hermans Äußerungen, daß sie damit drohten die Runde zu verlassen. Kerner entschied sich dagegen die beiden Gäste hierzubehalten und dafür Frau Herrmann frühzeitig zu verabschieden. Der Eklat war eingetreten, wie es schließlich am darauffolgenden Tag überall in den Print- und Onlinemedien zu lesen sein sollte.
Heute gab es dann Schlagzeilen zu lesen wie:
"Ins Abseits gelabert" (SZ)
"Wie Eva Herman den Fernsehtod starb" (Faz)
Die Presse ist sich weitestgehend einig: Frau Hermans Auftritt bei Kerner habe ihr zusätzlich geschadet und sei peinlich gewesen.
Peinlich ist aber auch, wie wenig es möglich ist, beim Thema Familie weiter auszuholen und auch die NS-Zeit zu tangieren, ohne gleich "eins mit der braunen Keule übergebraten zu bekommen". (Herman)
Ich persönlich teile das konservative Familienbild von Frau Herman nicht und würde ihr sicher in einigen Punkten auch widersprechen. Aber wie gestern abend mit ihr umgegangen worden ist, ist für mich ein Armutszeugnis für das Fernsehen. Der eigentliche Eklat für mich ist, daß Frau Herman verabschiedet worden ist, die sich wenigstens noch um eine inhaltliche Diskussion bemüht hatte (ganz gleich, ob man mit dem Inhalt einverstanden ist oder nicht), die zickige Henne Schreinemakers, die inhaltlich nichts als Allgemeinplätze in die Runde warf, aber zum Dableiben bewogen wurde.
Der Spiegel hat an diesem Beispiel einen wie ich finde guten Artikel dazu verfasst, wie überempfindlich und völlig überzogen unsere Medienlandschaft mit dem 3. Reich umgeht und den Leuten dort Faschismus andichtet, wo schon lange keiner mehr existiert:
http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,1518,510511-2,00.html
Sicher haben es schon die meisten ganz beiläufig mitbekommen, es geht um den Auftritt von Eva Herman bei Kerner, der mich zu der Frage veranlasst: wie ist es um unsere Medienlandschaft heute bestellt?
Eva Herrmann sollte bei Kerner die Chance erhalten, ihre Position zum Thema: Familienwerte erneut zu beziehen und zu ihren von der Presse als skandalös gescholtenen Äußerungen zu der NS-Zeit Stellung zu nehmen (ihre Äußerung hat sie den Job beim NDR gekostet; gegen die Kündigung des öffentlich-rechtlichen Senders hat Frau Herrmann ein Rechtsverfahren eingeleitet).
Sehr interessant und wie ich finde signifikant für den Zustand unserer Medienlandschaft ist die Gesprächsrunde schließlich verlaufen. Als weitere Gäste waren von Kerner Margarethe Schreinemakers, Mario Barth, Senta Berger und der Berliner Historiker Prof. Dr. Wolfgang Wippermann eingeladen worden. Dabei zeigte sich schon bald, daß Frau Herman sich weniger in einer Gesprächsrunde als vielmehr vor einem Tribunal zu verantworten hatte. Dementsprechend suggestiv stellte Kerner Frau Herrmann in der Runde vor, "die sich ein wenig verharmlosend über die Familienpolitik im dritten Reich geäußert hat" - eine Suggestion, die Eva Herman im Verlauf der Sendung geradezurücken versuchte.
Über 50min warfen die anderen Gesprächsteilnehmer Eva vor, bei ihren Äußerungen zu den Familienwerten unzulässige Zusammenhänge zur NS-Zeit aufgestellt zu haben. Der Berliner Historiker skizzierte gleich zu Beginn der Sendung ein paar Minuten die Situation der Frau in der NS-Zeit, um dann auf die Frage, was er von Hermans Äußerungen zu den Familienwerten denn halte, zu entgegnen, daß er diese ablehne, weil sie den Konservatismus mit dem Faschismus verwechselten und Frau Herman vllt konservative Familienwerte gemeint habe, aber sich so mißverständlich geäußert habe, daß sie bei faschistischen Familienwerten schließlich gelandet sei.
Eva bedankte sich schließlich zynisch für die paar Minuten Geschichtsunterricht vom Herrn Prof. und distanzierte sich noch einmal in aller Deutlichkeit vom Faschismus in allen Formen, betonte auch, daß sie nicht die Familienwerte des Faschismus rühme, die pervertiert und politisch instrumentalisiert worden seien, sondern die traditionellen Familienwerte, die schon vor der NS-Zeit existiert hatten, ehe sie von den Nazis mißbraucht wurden.
So weit so gut oder schlecht, denn irgendwie schien die Gesprächsrunde nicht wirklich zu bemerken, daß sich Frau Herman schon lange vom Rechtsradikalismus, Faschismus und Nationalsozialismus energisch distanziert hatte. Statt dessen pocherte Kerner immer wieder auf Hermans einen Satz herum, der bei ihrer Buchvorstellung (Das Eva-Prinzip) gefallen ist und sie ihren Job beim NDR kostete, der wie folgt lautet:
Und wir müssen vor allem das Bild der Mutter in Deutschland auch wieder wertschätzen lernen, das leider ja mit dem Nationalsozialismus und der darauf folgenden 68er Bewegung abgeschafft wurde. Mit den 68er wurde damals praktisch alles das alles, was wir an Werten hatten, es war ne grausame Zeit, das war ein völlig durchgeknallter, hochgefährlicher Politiker, der das deutsche Volk ins Verderben geführt hat, das wissen wir alle, aber es ist damals eben auch das, was gut war, und das sind Werte, das sind Kinder, das sind Mütter, das sind Familien, das ist Zusammenhalt - das wurde abgeschafft. Es durfte nichts mehr stehen bleiben .
Ob Frau Herman diesen Satz, der zugegeben doch ziemlich verworren klingt und sicher Mißverständnisse hervorrufen kann, zudem auf seine inhaltiche Korrektheit in Frage gestellt werden kann, nochmals so formulieren würde, lautete fortan Kerners Fragestellung. Was blieb Frau Herman da anderes übrig als sich uneingeschränkt hinter ihren Satz zu stellen angesichts eines schwebenden Gerichtsverfahrens, in dem sie eine Annulierung ihrer Kündigung durch den NDR anstrebt? Das mußte dem Zuschauer eigentlich relativ klar sein. Auch dem Moderator und den Teilnehmern der Gesprächsrunde. Aber das Tribunal ließ einfach nicht locker und suchte Frau Herman immer wieder in die braune Ecke zu drängen, völlig überflüssiger Weise aber, da diese sich schon klar und deutlich vom dritten Reich in aller Form distanziert hatte.
Schließlich kamen auch Senta Berger und Margarethe Schreinemakers zu Wort, die sich wie zickige Hühner aufführten und meinten, Frau Herman belehren zu müssen: das ginge schon gar nicht, beim Thema Familie auf die NS-Zeit zu verweisen. Wieso eigentlich? Aber egal! Frau Berger machte dann einen kleinen Exkurs zu den Errungenschaften der 68er-Bewegung, die endlich eine Gleichstellung der Frau gegenüber dem Mann herbeigeführt habe, weshalb sie gar nicht verstehen könne, daß Frau Herman diese Bewegung für den Verfall der Familienwerte verantwortlich macht - ein sicherlich verständlicher Standpunkt und wenigstens inhaltlich gewichtig.
Frau Schreinemakers dagegen spielte sich zur Aufseherin Frau Herrmanns auf, die der vor dem Medien-Tribunal sich zu Verantwortende ständig suggerierte, was sie sagen dürfe und was gar nicht gesagt werden dürfe ("was du da sagst, geht ja mal gar nicht").
Peinlich wurde es dann fast schon, als Frau Herrmann in ihrer Kritik an der Presse von Gleichschaltung der Medien sprach und der Berliner Historiker leicht entrüstet bemerkte, daß dieser Begriff der Gleichschaltung aus der NS-Zeit komme und er deshalb von Frau Herman nicht verwendet werden dürfe - als ob das Wort nun aus unserem Wortschatz verbannt worden wäre. Frau Herman entgegnete dazu, daß man dann auch nicht mehr über Autobahnen sprechen dürfte, die ja in der Nazi-Zeit gebaut worden waren, woraufhin Aufseherin Schreinemakers völlig in die Luft ging und Kerner süffisant anmerkte: "also Autobahn geht gar nicht!"
Spätestens hier gewann ich als Zuschauer einen traurigen Eindruck davon, wie es um die freie Meinungsäußerung in den Medien bestellt ist bzw. bestellt sein kann, spätestens dann, wenn die elende Vergangenheit des Nazi-Deutschland tangiert wird und sich um eine differenzierte Anschauung und keine Schwarz-Weiß-Malerei bemüht wird.
Schließlich waren Frau Berger und Schreinemakers nach eigenem Bekunden so angewidert von Hermans Äußerungen, daß sie damit drohten die Runde zu verlassen. Kerner entschied sich dagegen die beiden Gäste hierzubehalten und dafür Frau Herrmann frühzeitig zu verabschieden. Der Eklat war eingetreten, wie es schließlich am darauffolgenden Tag überall in den Print- und Onlinemedien zu lesen sein sollte.
Heute gab es dann Schlagzeilen zu lesen wie:
"Ins Abseits gelabert" (SZ)
"Wie Eva Herman den Fernsehtod starb" (Faz)
Die Presse ist sich weitestgehend einig: Frau Hermans Auftritt bei Kerner habe ihr zusätzlich geschadet und sei peinlich gewesen.
Peinlich ist aber auch, wie wenig es möglich ist, beim Thema Familie weiter auszuholen und auch die NS-Zeit zu tangieren, ohne gleich "eins mit der braunen Keule übergebraten zu bekommen". (Herman)
Ich persönlich teile das konservative Familienbild von Frau Herman nicht und würde ihr sicher in einigen Punkten auch widersprechen. Aber wie gestern abend mit ihr umgegangen worden ist, ist für mich ein Armutszeugnis für das Fernsehen. Der eigentliche Eklat für mich ist, daß Frau Herman verabschiedet worden ist, die sich wenigstens noch um eine inhaltliche Diskussion bemüht hatte (ganz gleich, ob man mit dem Inhalt einverstanden ist oder nicht), die zickige Henne Schreinemakers, die inhaltlich nichts als Allgemeinplätze in die Runde warf, aber zum Dableiben bewogen wurde.
Der Spiegel hat an diesem Beispiel einen wie ich finde guten Artikel dazu verfasst, wie überempfindlich und völlig überzogen unsere Medienlandschaft mit dem 3. Reich umgeht und den Leuten dort Faschismus andichtet, wo schon lange keiner mehr existiert:
http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,1518,510511-2,00.html