Was für ein Einstieg! Muse benennen den ersten Song ihres Albums nach einem Madonna-Hit und kreieren eine düstere Hymne, die vor Vielschichtigkeit und dick aufgetragenen Spuren beinahe platzt.
Die Band kehrt mit dem vierten Album zurück zu ihren Wurzeln. Nicht, dass sie sich wieder mit dem Pomp zurückhalten würden. Doch die Songs gehen nahe, so nahe wie zuletzt auf ihrem 99er Debüt "Showbiz". Sogar eine unglaubliche Ballade wie damals "Unintended" ist wieder zu hören: "Soldier's Poem" klingt so zärtlich, als wäre es eine Liebeserklärung, stimmt in den Gesangsspuren mehrstimmige Queen-Gesänge an und streichelt die Drums. Schon früh wird klar: "Black Holes And Revelations" ist pathetisch - im besten Sinn des Wortes.
Die Vorab-Single klingt zwar nach einer Trendwende im Muse-Soundkosmos, erweist sich jedoch schnell als - wunderbar gelungener - Ausreißer. "Supermassive Black Hole" lässt alles knarzen, was knarzen kann. Darüber singt Matt in seiner besten Kopf-Stimme von vergebener Liebe und verflossenem Stardom. Ein Hit, der sich langsam anschleicht.
Eins zeigt schon diese erste Auskopplung: Muse setzen nicht mehr auf ihr bewährtes Konzept, den Song auf einen Höhepunkt hinzuschreiben, um ihn nach einer fulminanten Spitze zusammenbrechen und anlehnungsbedürftig nach Liebe hecheln zu lassen. Diese Variation der bekannten Spielweise tut den Briten gut. Noch ein Album in der Tradition wäre wohl auch zu viel geworden. Trotzdem bergen die einzelnen Tracks weiterhin unzählige Melodien und Entdeckungen.
Genau so neu sind die schwebenden Achtziger-Töne, die die Band in "Map Of The Problematique" präsentiert. Natürlich nicht ohne ein straightes Fundament der Rhythmus-Sektion, die Muse-Songs trotz hohen emotionalen Anspruchs immer auf dem Boden hält.
Die Jungs um Mastermind Matt Bellamy tragen dick auf: "Starlight" und "Knights Of Cydonia" beweisen dies eindrucksvoll. Jedes Instrument scheint im Vordergrund zu stehen, ohne dass sie sich die Show stehlen. Hier ist alles genau austariert, ohne überproduziert zu klingen. Das ist bei dem Bombast, den die Band auffährt, auch kaum möglich. Viel mehr ist solch eine lupenreine Produktion von elementaren Nöten.
"Starlight" lässt, genau wie schon der Opener, Matts Geschick an den Keyboards freie Hand. Der in sich ruhende, knarzende Bass bildet das optimale Fundament zu der Hyperaktivität, die die Melodie darüber setzt.
Der epische Schlusstrack schwirrt, trappelt, heult, bis er sich mit Western- und Wüsten-Elementen auf sechs Minuten in Rage spielt. "Impressive" würde der Engländer da sagen. Muse buchstabieren lieber die Worte "eindringlich" und "emotional" und verzaubern damit die Hörer. Hier ist keine Stilfestlegung mehr geboten. Britpop? Nicht wirklich. Emo? Rock? New? Metal? Glam? Pop? Das alles und noch viel mehr ... oder um es mit Muse zu sagen: "Our hopes and expectations/Black holes and revelations!"