Die WHO fürchtet, dass sich die Zahl der Corona-Toten auf zwei Millionen verdoppeln könnte. Spaniens Regierung will für Madrid einen vollständigen Lockdown. Und Jens Spahn rät vom Urlaub im Ausland ab. Alle Entwicklungen im Ticker.
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Zahl der Infizierten in Frankreich überspringt Marke von 500.000
Die Zahl der Neuinfektionen in Frankreich bleibt hoch. Binnen 24 Stunden gab es 15.797 neue Fälle nach einem Rekordhoch am Donnerstag mit 16.096 Neuinfektionen. Die Gesamtzahl klettert auf rund 513.000 und überspringt damit erstmals die Marke von einer halben Million. Die Zahl der Todesopfer erhöhte sich um 150 auf 31.561.
Bayern ist wieder fast umzingelt:
Tschechien, Luxemburg und Tirol zu Corona-Risikogebieten erklärt
Die Bundesregierung hat ganz Tschechien, Luxemburg und das österreichische Bundesland Tirol wegen rasant steigender Infektionszahlen zu Corona-Risikogebieten erklärt und warnt nun vor touristischen Reisen dorthin. Die Risikoliste des Robert Koch-Instituts und die Reisehinweise des Auswärtigen Amts wurden am Freitag entsprechend aktualisiert. Damit sind nun 15 von 27 EU-Ländern zumindest teilweise Corona-Risikogebiete, Spanien, Tschechien und Luxemburg sogar ganz. Polen ist das einzige der neun Nachbarländer Deutschlands, das noch nicht betroffen ist. Aber auch dort steigen die Infektionszahlen.
WHO: Zahl der Toten könnte sich bis Impfkampagne verdoppeln
Die Zahl der Corona-Toten könnte sich nach Einschätzung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) noch auf zwei Millionen verdoppeln, bis ein wirksamer Impfstoff in großem Stil eingesetzt werden kann. Ohne einen gemeinsamen und entschlossenen Kampf gegen die Pandemie könne es sogar noch viel mehr Todesopfer geben, warnte WHO-Nothilfekoordinator Mike Ryan. Rund neun Monate nach der Identifizierung des neuartigen Corona-Virus in China nähert sich die Zahl der bestätigten Todesfälle zurzeit der Marke von einer Million.
Mehr als sieben Millionen Corona-Infektionen in den USA
Seit Beginn der Pandemie sind in den USA mehr als sieben Millionen Infektionen mit dem Coronavirus verzeichnet worden. Das ging am Freitag aus Daten der Johns-Hopkins-Universität in Baltimore hervor. Damit verzeichneten die USA die höchste absolute Zahl an nachgewiesenen Infektionen, gefolgt von Indien mit mehr als 5,8 Millionen Fällen. An dritter Stelle steht Brasilien, wo mehr als 4,6 Millionen Ansteckungen registriert wurden.
Amsterdam steht offenbar vor neuen Corona-Beschränkungen
In der Region Amsterdam bereiten die Behörden weitere Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie vor. Dies berichtet die Zeitung Het Parool unter Berufung auf informierte Kreise. Im Gespräch sei eine Schließung von Hallen, die für Hochzeiten und Partys genutzt werden und eine Teilnehmerobergrenze für Veranstaltungen. Laut Zeitung dürfte die Regierung von Premierminister Mark Rutte die Maßnahmen am kommenden Dienstag bekannt geben.
Infektionen in Paketzentrum lassen Fallzahlen in Hessen steigen
Nach einem Covid-19-Ausbruch in einem Paketverteilzentrum im Kreis Offenbach sind die Fallzahlen in Hessen weiter gestiegen. Die Zahl der Menschen, die sich nachweislich mit dem Coronavirus infiziert haben, ist in Hessen binnen eines Tages um 186 gestiegen (Gesamtzahl 18.221). Das Sozialministerium in Wiesbaden meldete am Freitag auch zwei neue Todesfälle (Gesamtzahl 548).
Deutschland sitzt auf 1,2 Milliarden Masken
In Deutschland werden nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums zur Zeit gut 1,2 Milliarden Schutzmasken gelagert. Das geht aus der Antwort des Bundesgesundheitsministeriums auf eine Anfrage der FDP-Abgeordneten Christine Aschenberg-Dugnus hervor, über die RTL und ntv zuerst berichtet hatten. Den Angaben des Ministeriums zufolge wurden und werden in diesem und im nächsten Jahr OP- und FFP2-Masken für insgesamt 5,9 Milliarden Euro beschafft. Voraussichtlich werden „nach jetzigem Kenntnis- und Prüfungsstand“ mehr als 85 Prozent aller Masken „verkehrsfähig und damit für den Gesundheitssektor verwendbar sein“, heißt es weiter.
„Das Ministerium ist noch immer dabei die Masken zu prüfen, das dauert einfach viel zu lange“, sagte Aschenberg-Dugnus. Wenn die Haltbarkeit nur zwei Jahre betrage, frage man sich, wie viele nach Ende der Prüfung überhaupt noch nutzbar seien. „Es ist wichtig, in Zukunft die Produktion von medizinischer Schutzausrüstung wieder nach Deutschland und Europa zurückzuholen, so dass wir die überhöhten Preise aus China nicht mehr zahlen müssen.“
Spanische Regierung empfiehlt vollständigen Lockdown in Madrid
Wegen der weiter steigenden Infektionszahlen hat die spanische Regierung einen vollständigen Lockdown in Madrid empfohlen. Dies teilte Gesundheitsminister Salvador Illa mit. Bislang haben die Behörden lediglich verschärfte Kontakt- und Bewegungsbeschränkungen für Teile der Hauptstadt verhängt.
Studie: Mehr als 80 Prozent der Briten verstoßen gegen Quarantäne-Regeln
Mehr als 80 Prozent der Briten halten sich einer Studie zufolge nicht an die Regeln zur Selbstisolation, wenn Sie Covid-19-Symptome aufweisen oder Kontakt mit einem Infizierten hatten. Eine Mehrheit der Befragten war zudem nicht in der Lage, die Anzeichen der Erkrankung wie Husten, Fieber oder Verlust des Geruchs- und Geschmackssinns zu identifizieren, wie die Studie unter Leitung des Londoner King’s College ergab. Danach seien nur 18,2 der Befragten, die in den vergangenen sieben Tage Symptome verspürten, zu Hause geblieben. Nur 11,9 Prozent hätten sich um einen Corona-Test bemüht. Eine finanzielle Unterstützung in der Zeit der häuslichen Quarantäne könnte nach Einschätzung der Wissenschaftler dazu führen, dass die Betroffenen sich eher an die Regeln hielten.
Protest gegen Corona-Maßnahmen in Marseille
In Frankreich regt sich Widerstand gegen die angekündigte Verschärfung der Corona-Maßnahmen: In der Hafenstadt Marseille protestierten am Freitag hunderte Gastronomen gegen die angekündigte Schließung aller Bars und Restaurants ab Samstag. Der regionale Arbeitgeberverband warnte in einer Erklärung vor einem „wirtschaftlichen Lockdown“, denn auch Fitnessstudios und andere Einrichtungen sind betroffen.
„Rettet unsere Arbeitsplätze, rettet unsere Unternehmen“, war auf einem Banner vor dem Handelsgericht zu lesen. „Der Kelch ist voll“, sagte ein Restaurantbesitzer aus dem benachbarten Aix-en-Provence, der ebenfalls zumachen muss. „Wir waren gerade dabei, wieder auf die Beine zu kommen.“ Eine Reihe von Gastronomen haben angekündigt, sich der Anordnung der Pariser Zentralregierung zu widersetzen.
Der Präsident der Region Provence-Alpes-Côte d’Azur, Renaud Muselier, will juristisch gegen die neuen Einschränkungen vorgehen. Er sieht in ihnen eine „kollektive Bestrafung“ für die rund 1,9 Millionen Menschen im Ballungsraum Marseille.
Gesundheitsminister Olivier Véran wollte am Freitagnachmittag das größte städtische Krankenhaus in Marseille besuchen. Er wurde bei der Demonstration symbolisch ausgebuht.
Spahn rät von Herbsturlaub im Ausland ab
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat die Bürger angesichts der europaweit zunehmenden Corona-Infektionszahlen aufgerufen, den Herbsturlaub nicht im Ausland zu verbringen. „Man kann ja auch Urlaub im Inland machen“, sagte Spahn am Freitag im ZDF-„Morgenmagazin“. Der Urlaub im Ausland zähle zu den nicht unbedingt notwendigen Reisen, von denen er abrate.
Er wisse, dass das hart sei für Reiseveranstalter, Reisebüros und für die Bürger, die sich schon auf ihren Urlaub gefreut hätten, sagte Spahn. Aber die vergangene Winter- und Sommersaison hätten gezeigt, dass durch Reiserückkehrer Infektionen stärker nach Deutschland gekommen seien: „Ich finde, für den Herbst- und Winterurlaub sollten wir gemeinsam daraus lernen.“
Wegen steigender Corona-Infektionszahlen hat die Bundesregierung am Mittwoch weitere Regionen innerhalb der Europäischen Union zu Risikogebieten erklärt und entsprechende Reisewarnungen ausgesprochen. Betroffen sind Regionen in elf Ländern, darunter in Tschechien, Österreich und den Niederlanden sowie Kopenhagen, Dublin und Lissabon.
Lauterbach: Corona-Krise wird eine ganze Generation ein Leben lang beschäftigen
Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach rechnet mit jahrzehntelangen Auswirkungen der Corona-Krise für eine ganze Generation – die Klimakrise hält er dennoch für viel gravierender. „Es wird unterschätzt, dass weltweit sehr viele Menschen sehr lange, auch auf Jahrzehnte, unter den Corona-Folgen leiden werden. Es wird eine Generation geben, die sich ein Leben lang an Corona erinnern wird“, sagte Lauterbach der Düsseldorfer Rheinischen Post. Bei schweren Verläufen von Covid-19 litten die Menschen dauerhaft unter Lungenschäden, Herzkomplikationen, Nierenschwäche und chronischer Erschöpfung. Lauterbach verglich die Bewältigung der Corona-Krise mit der Finanzmarktkrise: „Wir werden sie im bestehenden System überwinden.” Das sei eine „relative Kleinigkeit” im Vergleich zur Klimakrise. „Der Klimawandel wird das ganze System verändern.” Das habe monströsere Auswirkungen auf das Leben, die Wirtschaft und die Welt als Corona
Laschet: Nicht nur auf die reinen Infektionszahlen schauen
Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet hat sich für eine neue Art der Risikobewertung in der Corona-Pandemie ausgesprochen. „Mit Corona leben lernen bedeutet in erster Linie, alle Entwicklungen genau im Blick zu haben. Dabei dürfen wir nicht nur auf die reinen Infektionszahlen schauen“, sagte der CDU-Politiker dem „Handelsblatt“ (Freitag).
Laschet forderte, die Kapazität der Krankenhäuser und die Zahl der intensivmedizinisch behandelten und beatmeten Covid-19-Patienten stärker in die Lagebewertung einfließen zu lassen. Gleiches gelte für den Anteil zurückverfolgbarer Infektionen, die Anzahl der Tests und den Anteil positiver Testergebnisse.